Agenturen, ddp-lsc, 16:34 Uhr, 24.10.2009
Martin Dulig will Sozialdemokraten «aus den Nischen» führen
35-Jähriger zum bundesweit jüngsten SPD-Landeschef gewählt
Dresden (ddp-lsc). «Opposition, das kenn ich gar nicht», sagt Martin Dulig. Sachsens neuer SPD-Chef hat seit seinem Einstieg in die Landespolitik vor fünf Jahren immer dem Regierungslager angehört. Nun muss sich der 35-Jährige auf eine neue Rolle einstellen. Die SPD hat in Sachsen wie im Bund durch die jüngsten Wahlen die Regierungsverantwortung verloren - und mit Dulig seit Samstag den jüngsten aller Landesvorsitzenden. Der frühere Juso-Chef wurde vom Landesparteitag am Samstag in Dresden mit 74,2 Prozent gewählt.
«Bei mir geht manches schneller», befand Dulig schon kurz nach seiner ersten Wahl zum Landtagsfraktionschef im September 2007. Bereits mit 16 wurde der gebürtige Plauener, der in Meißen aufwuchs und seit 26 Jahren in Moritzburg bei Dresden wohnt, zum ersten Mal Vater. Inzwischen hat der verheiratete Diplompädagoge sechs Kinder.
Dann wären da noch die rund 4600 sächsischen SPD-Mitglieder, für die Dulig nun Hoffnungsträger ist. Einen solchen hat die Partei im SPD-Gründungsland auch nötig: Mit 10,4 Prozent verbesserte sie zur Wahl vor acht Wochen nur unwesentlich ihre 9,8 Prozent von 2004, das bis heute schlechteste SPD-Landesergebnis in der Geschichte der Bundesrepublik.
Schon Duligs Wahl zum Fraktionschef vor zwei Jahren - als Nachfolger des damals 74-jährigen Amtsinhabers Cornelius Weiss - verstand die SPD als Signal des Aufbruchs: Dulig wurde auch bundesweit der jüngste Chef einer Fraktion im Landesparlament - so wie Weiss der älteste war.
Manchen in der Partei ist er indes für den SPD-Vorsitz immer noch zu jung, andere wiederum hatten Probleme mit dem Verfahren der Vorsitzenden-Wahl. Mit Vorbehalten wie diesen erklärt sich Dulig selbst das «ehrliche Ergebnis» - das ihm nun allerdings hervorragende Chancen zur Steigerung bei der für Juni 2010 geplanten Wahl des gesamten Landesvorstands gebe.
Dulig verortet die SPD nach den Wahlschlappen auf Bundes- und Landesebene in einer ihrer schwersten Krisen. Schonungslos attestierte er den Genossen am Samstag, «zu wenig in der Gesellschaft verankert» zu sein. Zudem könne sich der Landesverband nicht hinter der Bundespolitik «verstecken» - schließlich lag die SPD im Freistaat schon vor der Agenda 2010 bei zehn Prozent.
Dulig will die SPD-Mitglieder «raus aus den Nischen» führen.
Regierungsbündnisse mit der Linken sind für ihn grundsätzlich kein Problem - wenn diese Frage angesichts der Mehrheitsverhältnisse in Sachsen indes auch nicht auf der Tagesordnung steht. Ansonsten will Dulig nun Moderator des Erneuerungsprozesses sein - ohne indes auf eigene Akzente zu verzichten. Darunter versteht er etwa das Wort von der «modernen Gerechtigkeitspartei», als die er die SPD sieht.
Dulig ist seit 1992 SPD-Mitglied - und steht im Kampf gegen Rechtsextremismus und Fremdenfeindlichkeit in vorderster Reihe: So oft wie der Protestant Dulig zeigte bislang kein anderer sächsischer Spitzensozialdemokrat Präsenz bei Demonstrationen gegen Rechts. Dass die rechtsextreme NPD immer noch im Landtag vertreten ist, gilt dem Mitgründer des Netzwerks für Demokratie und Courage als besonderer Ansporn für sein weiteres politisches Handeln.
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241634 Okt 09