Karl Nolle, MdL

Frankfurter Rundschau, www.fr-online.de, 18.01.2010

Sachsens CDU

C - wie Waschanlage, von Bernhard Honnigfort
 
Am Dienstag trudelte ein Glückwunsch ein im ASB-Pflegeheim in Zwickau. Sachsens Ministerpräsident Stanislaw Tillich gratulierte Gertrud H. "sehr herzlich" zum 105. Geburtstag. Der CDU-Regierungschef wünschte der betagten Dame "persönliches Wohlergehen und Gottes Segen". Und weil alle in Sachsen wissen sollten, wie nett der Ministerpräsident zu seinen Mitbürgern ist, teilte seine Staatskanzlei die Geburtstagswünsche auch gleich der Presse mit.

Es sollte kein guter Tag werden für Tillich, denn Gertrud H. war bereits seit fünf Monaten tot. Die Senioren im Zwickauer Heim empörten sich, Staatskanzleichef Johannes Beermann musste sich entschuldigen. Kommunikation und angemessenes Auftreten, das zeigte der Fall mal wieder, sind eher keine Stärken der Regierung Tillich.

Der Fall Gertrud H. ist ja nicht die einzige Merkwürdigkeit aus der Welt der seit September regierenden Dresdner CDU/FDP-Koalition. Die agiert nebulös; Tillich sei ein "Schönwetterregent" und dauernd abgetaucht, lästert die Opposition. SPD-Fraktionschef Martin Dulig: "Wenn es haarig wird, ist er weg."

Dafür meldete sich ein anderer zu Wort, Steffen Flath, der CDU-Fraktionschef, der mit drei anderen Landespolitikern aus Thüringen, Hessen und Brandenburg Kritik an Angela Merkels Kurs übte und eine Hinwendung der CDU zu mehr Patriotismus sowie eine Rückbesinnung auf christlich-konservative Werte forderte.

Worte und Taten - zwei Paar Schuhe

Man staunte nicht schlecht in Sachsen. In seinen Reden gibt sich der Erzgebirgler Flath seit langem als Retter des heiligen Sonntags und des großen C in der CDU. Aber wie passt das zusammen mit der Politik, die seine Koalition betreibt? Tatsächlich hat Schwarz-Gelb gerade den guten alten Sonntag profanen Alltagsgeschäften geopfert: In Sachsen dürfen Autowaschanlagen und Videotheken auch an Sonntagen öffnen. In Sachsens Union steht das C offensichtlich für Waschanlage. Worte und Taten - zwei Paar Schuhe.

"Das alles kann hier nur noch große Heiterkeit auslösen", spottet Oppositionsführer André Hahn von der Linken. Ansonsten habe die neue Koalition nur Gartenbesitzern das Absägen alter Bäume erleichtert und das Nichtrauchergesetz bei Berufsschülern aufgeweicht. Wie Flath damit christlich-konservative Wähler erreichen wolle, bleibe ihm ein Rätsel, so Hahn.

Wohl nicht nur ihm. Als die Sächsische Zeitung jetzt nachfragte, was er unter konservativer oder christlicher Politik verstehe, sagte Steffen Flath: "Das sollen Professoren beantworten." Er vertraue seinem Instinkt.

Karl Nolle im Webseitentest
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