Sächsische Zeitung, 28.04.2010
Gericht rügt Personalpolitik des Justizministeriums
Das Ministerium darf die Präsidentenstelle des Landgerichts Chemnitz vorerst nicht besetzen
Das Justizministerium hat in einer wichtigen Personalentscheidung eine juristische Niederlage einstecken müssen. Das Oberverwaltungsgericht Bautzen stoppte die umstrittene Besetzung der Präsidentenstelle des Landgerichts Chemnitz. Die Personalauswahl des Justizministeriums sei fehlerhaft, heißt es in dem gestern bekannt gewordenen Beschluss des 2.Senats.
Das Ministerium habe sich 2009 auf einen bestimmten Kandidaten festgelegt, obwohl sich das Bewerbungsverfahren noch im Anfangsstadium befand. Um die gut dotierte Beförderungsstelle nicht mit einem jüngeren Juristen über viele Jahre zu blockieren, habe die damalige Staatssekretärin Gabriele Hauser einen Kandidaten ausgewählt, der kurz vor der Pensionierung steht. Das sei nicht zulässig, entschieden die Richter. Das Ministerium dürfe ausschließlich Eignung, Leistung und Befähigung von Bewerbern zugrunde legen.
Bei dem Kläger in diesem Verfahren handelt es sich um den Leiter der Leipziger Staatsanwaltschaft, Hans Strobl. Er hatte sich auf die Präsidentenstelle in Chemnitz beworben und exzellente Zeugnisse vorgelegt. Nachdem die Staatssekretärin in einem Gespräch mit ihm offen eingeräumt habe, dass er als Jüngerer keine Chancen habe, zog er gegen seinen Dienstherrn vor Gericht.
Justizminister Jürgen Martens (FDP) ordnete gestern eine Überprüfung des Bewerbungsverfahrens an. Er war zum Zeitpunkt der Entscheidung noch nicht im Amt.
von Karin Schlottmann