Sächsische Zeitung, 05.08.2010
Sachsen LB / LBBW: Juristisches Gerangel um Banker-Boni
Der Streit mit drei Ex-Vorständen um die Rückzahlung geht in die nächste Runde.
Die Ermittlungsakten werden seit Jahren immer dicker, die potenzielle Anklagebank immer länger. Doch bei der juristischen Aufarbeitung des skandal- und affärenreichen Niedergangs der früheren Landesbank Sachsen ist noch lange kein Ende in Sicht.
Wie schwer und kompliziert das Ganze ist, machte gestern mal wieder ein eher kleines Verfahren am Rande der großen strafrechtlichen Ermittlungen deutlich. Wieder einmal ging es vor dem Landgericht Leipzig um die mögliche Rückzahlung der „Erfolgsprämien“ von drei Ex-Vorständen. Doch auch nach anderthalb Jahren ist es der Landesbank Baden-Württemberg (LBBW) nicht gelungen, die ihrer Meinung nach zu Unrecht gezahlten Tantiemen für die Jahre 2004 und 2005 zurückzufordern. Gestern „vertagte“ das Gericht quasi erneut eine Entscheidung. Zunächst soll erst einmal ein Gutachten in Auftrag gegeben werden. Eine gerichtliche Entscheidung gibt es damit wohl frühestens im kommenden Jahr.
Dabei geht es in dem relativ kleinen Fall um gerade mal 300.000 Euro – ein Kleinbetrag, wenn man den Schaden dagegenrechnet, den die Landesbank dem Freistaat hinterlassen haben soll. Laut eines früheren Gutachtens des Sächsischen Rechnungshofes liegt er bei etwa 364 Millionen Euro. Für mögliche Ausfälle riskanter ausländischer Bank-Papiere haftet der Freistaat zudem noch über Jahre mit insgesamt bis zu 2,75 Milliarden Euro – 34,5 Millionen Euro mussten bereits bezahlt werden.
Ende 2007 war Sachsens einst so stolze Landesbank fast pleite gegangen. In letzter Sekunde konnte die Bank damals an die LBBW verkauft werden. Seit fast drei Jahren ermittelt die Staatsanwaltschaft Leipzig gegen mehrere Ex-Vorstände wegen des Verdachts der Untreue und möglicher Bilanzfälschung. Frühestens Ende dieses Jahres will sie über eine mögliche Anklage entscheiden. Damit rücken auch mögliche Schadenersatzforderungen an Ex-Bankmanager in weite Ferne – sofern sie überhaupt durchsetzbar sind.
Falsche Bilanzen
Denn die Trümmer-Hinterlassenschaft der Ex-Bank ist äußerst kompliziert. Nicht einmal auf frühere Jahresabschlüsse ist Verlass. So hatte das Landgericht Stuttgart im Dezember 2008 zwar die Geschäftsabschlüsse der Sachsen LB von 2004, 2005 und 2006 für nichtig erklärt. Vermögenswerte im dreistelligen Millionenbereich seien falsch ausgewiesen worden. Bei richtiger Bilanzierung, so die LBBW, hätte die Bank Verluste gemacht. Also hätten auch keine Boni ausgezahlt werden dürfen. Sie hatte darum die drei Ex-Vorstände Michael Weiss, Rainer Fuchs und Hans-Jürgen Klumpp Anfang 2009 auf Rückzahlung verklagt. Mit einigen Schwierigkeiten: Denn die Zustellung der Klage gegen Weiss, der auf Zypern lebt, hatte ihre Tücken.
Die zehn Prozent Eigenkapitalrendite waren eindeutig die Messlatte für die Banker-Boni, stellte Richterin Corny Schröpfer nun gestern klar. Die zweifelhaften Beträge von 135 und 168 Millionen Euro auf einem „technischen Verrechnungskonto“ seien fälschlicherweise in die Bilanz mit eingeflossen, gehörten nicht in den Gewinn, so die Richterin. Und das klingt – vorsichtig interpretiert –, als ob die LBBW mit ihrer Klage am Ende doch Erfolg haben könnte.
Zunächst aber soll eine gestern bereits vom Landgericht benannte Wirtschaftsprüferin aus Wiesbaden ein Gutachten erstellen – auf Kosten der LBBW. Die Expertin soll die Eigenkapitalrendite ab 2003 ermitteln. Lag sie unter zehn Prozent, müssten die Ex-Vorstände ihre Boni zurückzahlen. Bis dahin aber dürften Justiz und Anwälte noch viel zu tun haben. Und die Zeit vergeht.
Von Annette Binninger und Manfred Schulze