Agenturen dapd, 18:36 Uhr, 14.12.2011
Staatsanwalt beantragt milde Strafe für mutmaßlichen Blockierer - Verteidigung fordert Freispruch - Urteil in einer Woche
Dresden (dapd-lsc). Im neu aufgelegten Prozess gegen den mutmaßlichen Teilnehmer einer Anti-Nazi-Blockade hat die Staatsanwaltschaft eine Verwarnung mit Strafvorbehalt beantragt. Sich friedlich, öffentlich, ohne Waffen und frei zu versammeln sei ein Grundrecht, sagte Oberstaatsanwalt Jürgen Schär am Mittwoch vor dem Dresdner Amtsgericht. Mit ihrer Blockade hätten die Demonstranten den Rechtsextremisten dieses Grundrecht genommen.
Die Staatsanwaltschaft wirft dem 22 Jahre alten Studenten aus Dresden einen Verstoß gegen das Versammlungsgesetz vor, weil er sich am 19. Februar in der Nähe des Hauptbahnhofs mit rund 1.700 weiteren Aktivisten an einer Blockade gegen einen Neonazi-Großaufmarsch beteiligt haben soll. Der Angeklagte sei unter den Blockierern festgestellt worden, sagte Schär. Er sei auch nicht zufällig dort gewesen. Der Angeklagte schwieg im Prozess zu den Vorwürfen.
Nach dem Willen der Staatsanwaltschaft muss der Angeklagte eine Geldstrafe von 150 Euro nur zahlen, wenn er binnen eines Jahres erneut strafrechtlich auffällt. Die Verwarnung gilt im Strafrecht als mildeste Sanktion. Die Verteidigung forderte einen Freispruch. Auch die Blockade sei eine schützenswerte Versammlung gewesen, argumentierte Anwältin Kristin Pietrzyk. Außerdem gebe es keine Grundlage für eine Verurteilung, da das sächsische Versammlungsgesetz zum Zeitpunkt der Blockaden nicht in Kraft gewesen sei. Das Urteil soll am nächsten Mittwoch gesprochen werden.
Ein erstes Verfahren im Oktober war wegen unklarer Beweislage geplatzt. Im neuen Prozess wurden nun weitere Polizisten als Zeugen vernommen, die an dem Tag im Einsatz waren. Die Staatsanwaltschaft Dresden ermittelt in zahlreichen Fällen gegen Blockade-Teilnehmer. Kritiker halten das Vorgehen der sächsischen Justiz für überzogen.
dapd/adr/lr/kos
141836 Dez 11