Agenturen, dapd, 01:28 Uhr, 18.12.2011
Verfassungsschutz finanzierte Neonazi-Trio falsche Pässe
Geheimdienst kaufte Rechtsextremisten sogar antisemitische Brettspiele für jeweils 100 Mark ab
Berlin (dapd-lsc). Der Thüringer Verfassungsschutz hat einem Pressebericht zufolge erstmals eine Geldzahlung an das Zwickauer Neonazi-Trio Beate Zschäpe, Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt eingeräumt. Demnach ließ der Geheimdienst der Terrorzelle, der zehn Morde zur Last gelegt werden, über Mittelsmänner mehr als 2.000 Mark für gefälschte Pässe zukommen. Das habe ein Mitarbeiter des Verfassungsschutzes am 6. Dezember 2011 vor der geheim tagenden Kontrollkommission des Thüringer Landtages berichtet, schreibt die Zeitung «Bild am Sonntag».
Nach Aussagen des Verfassungsschützers wusste seine Behörde aus abgehörten Telefonaten, dass die Neonazi-Gruppe damals dringend Geld für neue Pässe brauchte. Man habe daraufgesetzt, mithilfe der Geldzahlung Hinweise auf den Aufenthaltsort sowie die Tarnnamen der Rechtsterroristen zu erhalten.
Geld an V-Mann «Otto» übergeben
Daher habe der Verfassungsschutz im Jahr 2000 dem NPD-Funktionär Tino Brandt das Geld übergeben, der unter dem Decknamen «Otto» als V-Mann für die Behörde arbeitete. Brandt sollte das Geld an das seit 1998 gesuchte Neonazi-Trio weiterleiten. Er schaltete dafür einen weiteren Mittelmann ein. Der Plan sei jedoch gescheitert.
Zwar habe sich das Trio tatsächlich neue Pässe beschafft. Weil der Thüringer Verfassungsschutz die Meldeämter in Sachsen nicht eingeweiht hatte, konnte die rechte Terrorgruppe damit jedoch unerkannt untertauchen.
Der Thüringer Verfassungsschutz finanzierte das Neonazi-Trio indirekt auch durch den Ankauf des antisemitischen Brettspiels «Pogromly» für jeweils 100 Mark, schreibt die Zeitung weiter. Mindestens drei Exemplare des Hetz-Spiels, dessen Verkaufserlös an die Terrorzelle floss, habe NPD-Mann Brandt an Mitarbeiter des Thüringer Verfassungsschutzes verkauft.
dapd/mar
180128 Dez 11