spiegel-online.de, 17:21 Uhr, 06.03.2012
BKA und Verfassungsschutz - Rechtsterror-Ausschuss lädt Chefermittler vor
Die Aufarbeitung des rechten Terrors nimmt konkrete Züge an: Vor dem Untersuchungsausschuss im Bund sollen die Präsidenten von Verfassungschutz und Bundeskriminalamt aussagen. Das Thüringer Gremium wird Beate Zschäpe nun doch nicht vorladen.
Berlin - Der Rechtsterror-Untersuchungsausschuss wird voraussichtlich die Präsidenten des Bundesamtes für Verfassungsschutz, Heinz Fromm, und des Bundeskriminalamtes, Jörg Ziercke, vorladen. Ein entsprechender Beweisantrag solle erarbeitet werden, sagte der FDP-Obmann im Ausschuss, Hartfrid Wolff. Auch der Obmann der Union, Clemens Binninger, will die beiden Spitzen der Sicherheitsbehörden hören.
Anlass ist die Mordserie der rechtsextremen Zwickauer Terrorzelle. Deren Mitglieder konnten jahrelang nahezu unbehelligt von Polizei und Verfassungsschutz in Deutschland Straftaten begehen. Der Untersuchungsausschuss soll mögliche Versäumnisse der Sicherheitsbehörden prüfen.
Neben Ziercke und Fromm könnten nach Angaben von Wolff auch ehemalige Präsidenten des Bundeskriminalamtes und des Verfassungsschutzes sowie die ehemaligen Spitzen des Militärischen Abschirmdienstes und des Bundesnachrichtendienstes geladen werden.
Die ersten Zeugen könnten Ende April gehört werden. Voraussichtlich werden zunächst Vertreter bayrischer Sicherheitsbehörden geladen, darunter auch der bayrische Innenminister Joachim Herrmann und sein Vorgänger Günther Beckstein (beide CSU). Fünf der zehn Morde verübten die Terroristen in Bayern.
Unterdessen wurde bekannt, dass der NSU-Untersuchungsausschuss in Thüringen die Vorladung der mutmaßlichen Terrorhelferin Beate Zschäpe ausgesetzt hat. Ihre Anwälte hätten am Montag mitgeteilt, dass die mutmaßliche Terroristin von ihrem Aussageverweigerungsrecht Gebrauch machen würde.
Zschäpe sollte zum 12. März vorgeladen werden, um die Behördenfehler im Zusammenhang mit der Zwickauer Terrorzelle aufzudecken. Die SPD hatte den Antrag dazu Mitte Februar in den Ausschuss eingebracht. Hohe Sicherheitsauflagen und Kosten hatten bereits in den vergangenen Wochen zu Kritik am Ausschuss-Vorhaben geführt.
Unstimmigkeiten im Umgang mit der NSU gibt es auch in Sachsen. CDU-Sicherheitsexperte Binninger warnte vor der geplanten Einrichtung eines Rechtsterror-Untersuchungsausschusses in Dresden. Damit würde die im sächsischen Landtag vertretene rechtsextreme NPD "Zugang zu allen Akten" und "einen tiefen Einblick in das Wissen der Sicherheits- und Ermittlungsbehörden" erhalten, sagte der Politiker in Berlin.
Es sei von SPD, Grünen und Linken nicht klug, so etwas einzufordern, "ohne die offensichtlich negativen Folgen zu berücksichtigen". Ein derartiger Ausschuss würde den Ermittlungen auf Bundes- und Landesebene mehr schaden als nutzen, betonte Binninger, der Obmann der Union im NSU-Untersuchungsausschuss des Bundestages ist.
Die Opposition im sächsischen Landtag hatte sich vergangene Woche darauf verständigt, bei der nächsten Landtagssitzung am 7. März gemeinsam einen entsprechenden Untersuchungsausschuss einzusetzen. Die rechtsextreme NPD ist mit acht Sitzen im sächsischen Landtag vertreten und könnte einen Vertreter in das Gremium entsenden.
jbr/dapd/dpa