Sächsische Zeitung, 30.03.2012
Jeder Dritte unter 35 Jahren lebt von Niedriglohn
Junge Erwachsene verdienen laut einer Studie immer weniger. Ihre Aufstiegschancen sind in Deutschland besonders schlecht.
Land der sozialen Schere Berlin. Die Einkommensungleichheit hat in Deutschland in den vergangenen Jahren schneller zugenommen als in den anderen OECD-Ländern. „Jeder Siebente in Deutschland verfügt über weniger als 60 Prozent des mittleren Haushaltseinkommens“, heißt es in einer Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) in Berlin. Damit sei auch das Armutsrisiko erheblich gestiegen.
Besonders betroffen sind junge Erwachsene. Jeder dritte abhängig Beschäftigte unter 35 Jahren erhielt im Jahr 2010 einen Stundenlohn, der unter der Niedriglohnschwelle lag. 1995 war es knapp jeder Fünfte. Die Grenze wurde in Ostdeutschland bei einem Stundenlohn von 7,22 Euro angenommen. Im Osten ist der Anteil der jungen Geringverdiener seit 1995 von 16,3 auf 25,8 Prozent gestiegen, im Westen von 17,3 auf 30 Prozent.
Nicht einmal jeder Zweite schafft innerhalb von fünf Jahren den Aufstieg auf ein höheres Einkommensniveau. Jüngere Geringverdiener haben jedoch bessere Aufstiegschancen als ihre älteren Kollegen. Für alle gilt: Je höher der Bildungsabschluss, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, dem Niedriglohnsektor zu entkommen. Allerdings hätten Frauen schlechtere Chancen auf einen größeren Einkommenssprung nach oben als Männer.
Zur Reduzierung der Einkommensungleichheit bringt das DIW Steuermodelle ins Gespräch, die für mehr Geld zur Umverteilung sorgen könnten. So würde eine Vermögenssteuer von 0,5 Prozent, die rund 400.000 Millionäre belaste, jährlich 9,4 Milliarden Euro einbringen. Ein weiterer Vorschlag ist eine Luxussteuer von zehn Prozent auf Güter, die mehr als 10.000 Euro kosten.
Von Nora Miethke