Agenturen, dpa, 18:02 Uhr, 26.07.2012
Brandenburger wird kommissarisch Verfassungsschutz-Chef in Sachsen
Sachsens Verfassungsschutz wird nach dem Weggang von Reinhard Boos nicht lange führungslos bleiben. Für ein halbes Jahr soll Historiker Gordian Meyer-Plath an der Spitze der Behörde stehen. Der Freistaat borgt sich den erfahrenen Extremismusexperten von Brandenburg aus.
Dresden (dpa/sn) - Sachsen bekommt einen erfahrenen Beamten aus Brandenburg für den Chefposten beim Verfassungsschutz - vorerst aber nur kommissarisch. Gordian Meyer-Plath werde zum 15. August Nachfolger des scheidenden Präsidenten Reinhard Boos, teilte das Innenministerium am Donnerstag in Dresden mit. Der 43-Jährige werde das Landesamt für Verfassungsschutz (LfV) für eine Übergangszeit von einem halben Jahr leiten. Boos hatte Mitte Juli um Versetzung gebeten und damit die Konsequenzen aus einer Panne des Geheimdienstes bei der Aufklärung der Mordserie der Zwickauer Neonazi-Zelle NSU gezogen.
Meyer-Plath war bisher Leiter des Referats «Auswertung politischer Extremismus» im Potsdamer Innenministerium und wird abgeordnet. Er stammt aus Karlsruhe (Baden-Württemberg), studierte mittelalterliche und neuere Geschichte, Amerikanistik und öffentliches Recht in Bonn und Brighton. Seit 1994 ist er in unterschiedlichen Positionen der Verfassungsschutzabteilung im brandenburgischen Innenministerium mit Schwerpunkt Extremismus tätig.
Er sei gern der Bitte um personelle Unterstützung aus Sachsen gefolgt, sagte Brandenburgs Innenminister Dietmar Woidke (SPD). Die Verfassungsschutzbehörden beider Länder verbinde seit Jahren eine enge Zusammenarbeit bei der Bekämpfung des Rechtsextremismus. Gordian sei ein ausgezeichneter Spitzenbeamter und stehe für ein modernes Selbstverständnis des Verfassungsschutzes. Als Verantwortlicher für die Extremismusauswertung habe er an maßgeblicher Stelle die offene, offensive Informationsgebung des Brandenburger Verfassungsschutzes mitgeprägt.
«Dass das schwarz-gelb regierte Sachsen sein zurzeit größtes innenpolitisches Problem mit Amtshilfe aus dem rot-roten Brandenburg zu lösen versucht, ist bemerkenswert», erklärte der innenpolitische Sprecher der sächsischen Linksfraktion, Rico Gebhard. «Man sollte auch bei anderen Themen die Zusammenarbeit mit dem Nachbar-Bundesland intensivieren», empfahl er.
Sachsen will nach dem Rückzug von Boos seinen Geheimdienst neu ordnen. Innenminister Markus Ulbig (CDU) traf sich am Donnerstag mit der dazu jüngst berufenen Expertenkommission. Mit dabei war auch der neue kommissarische Chef des Landesamtes. «Die Kommission ist für mich die ideale Besetzung», sagte Ulbig nach Angaben eines Sprechers im Anschluss an das Treffen, das dem Kennenlernen dienen sollte. Dabei wurden die Zuständigkeiten im Gremium geklärt.
Die Kommission soll Arbeitsabläufe und Strukturen des Landesamtes prüfen und evaluieren sowie die Zusammenarbeit mit der Polizei untersuchen. Die ehemalige Generalbundesanwältin Monika Harms widmet sich dabei den juristischen Fragen und der Schnittstelle Verfassungsschutz und Polizei. Der frühere Verfassungsschutz-Chef von Baden-Württemberg, Helmut Rannacher, ist für Arbeitsweise und Zusammenarbeit der Verfassungsschutzämter zuständig. Der einstige Präsident des Landesrechnungshofes in Sachsen, Franz Josef Heigl, befasst sich mit den Organisationsstrukturen und Abläufen im Landesamt.
Redaktion: Sophia-Caroline Kosel
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