Karl Nolle, MdL

Sächsische Zeitung, 08.12.2012

Absturz eines Ungeliebten

Karl Nolle, Politiker und Unternehmer, gilt als unbequem. Jetzt ist seine Druckerei pleite. Ein Stoff für Verschwörungsfans.
 
Ein Landtagsabgeordneter, der viele Skandale aufgedeckt und hohe Politiker zu Fall gebracht hat, bekommt plötzlich Ärger mit Finanzamt und Justiz. Ermittlungen werden sang- und klanglos wieder eingestellt, doch das Unternehmen des Abgeordneten ist ruiniert. So geht knapp erzählt die Geschichte des Unternehmers und SPD-Politikers Karl Nolle. Sie bietet reichlich Stoff für Verschwörungstheorien aller Art.



Der SPD-Mann Karl Nolle mag die Rolle des Angreifers und Chefaufklärers. Foto: Ronald Bonß

Seit gestern steht fest: Nolles Firma, die Druckhaus Dresden GmbH, geht in die Insolvenz. Das teilte Insolvenzgeschäftsführer Andrew Seidl mit. Er habe die Leitung des Traditions-Unternehmens übernommen, um es zu sanieren. Auf einer Betriebsversammlung nannte der Rechtsanwalt es als sein oberstes Ziel, die Gesellschaft von wirtschaftlichen Altlasten zu befreien. Dazu gehöre die Verlagerung des Geschäfts vom Standort Dresden nach Cossebaude. Das bisher genutzte Fabrikgebäude sei mit einer Produktions- und Verwaltungsfläche von 4500 Quadratmetern zu groß. 50 Mitarbeiter arbeiten noch in der Druckerei.

Bis zuletzt Hoffnung

Wirtschaftliche Pleiten gibt es viele, ohne dass sich die Öffentlichkeit dafür interessiert. In diesem Fall trifft sie einen Mann, der zwar nur ein einfacher Abgeordneter, aber phasenweise bekannter und einflussreicher war als so mancher langgedienter Minister – ganz zu schweigen von den eigenen Parteifreunden.

Bis zuletzt hatte Nolle gehofft, sein Lebenswerk retten zu können. Gestern Abend informierte er SPD-Landeschef Martin Dulig. Ihm tue die Sache sehr leid, sagte Dulig. Aber Nolle sei nur als Unternehmer und nicht als Politiker insolvent gegangen. Da der 67-Jährige seit einiger Zeit krank sei, habe es in letzter Zeit nur wenig Kontakt mit ihm gegeben.

Nolle selbst war gestern für eine Stellungnahme nicht zu erreichen. Die wirtschaftlichen Schwierigkeiten seiner Firma zeichneten sich schon seit Längerem ab. Die gesamte Branche stecke in einer Krise, die Aufträge seien zurückgegangen, sagte der Insolvenzgeschäftsführer. Zudem war dem Unternehmen ein Großkunde verloren gegangen. Laut Anwalt Seidl gibt es zudem Auseinandersetzungen mit dem Finanzamt.

Nolle selbst glaubt offenbar eher an eine Verschwörung, denn er sieht, so sagte er einmal, den Grund für die wirtschaftliche Misere seines Unternehmens auch in seiner politischen Aufklärungsarbeit. 2009 warf er der Regierung vor, ihn einschüchtern und wirtschaftlich schädigen zu wollen. Durch eine gezielte Indiskretion war damals bekannt geworden, dass die Justiz einen Hinweis von Steuerfahndern bekommen hatte und wegen Subventionsbetrugs ermitteln wollte. Das Verfahren wurde ohne Schuldvorwurf eingestellt. Der Vorwurf war just zu der Zeit in die Öffentlichkeit lanciert worden, als der SPD-Mann ein Buch über das politische Vorleben von CDU-Politikern in der DDR herausbringen wollte.

Ein skrupelloser Aufklärer?

Unter anderem ging es dabei um Ministerpräsident Stanislaw Tillich. Tillich war zu DDR-Zeiten im Rat des Kreises für Handel und Versorgung zuständig. Diese berufliche Position hatte er bis dahin unerwähnt gelassen und stattdessen seine Mitgliedschaft in der DDR-CDU als Flucht in eine politische Nische verklärt. Seine biografischen Daten musste der Regierungschef nachträglich korrigieren.

Nolle gefiel sich über lange Jahre in der Rolle des skrupellosen Chefaufklärers. Sein Name ist beinahe mit jeder Polit-Affäre in Sachsen verknüpft. Seine Informanten saßen praktisch überall – auch in den Kreisen des politischen Gegners. Er versorgte die Medien mit internen Informationen über die Dienstvilla Kurt Biedenkopfs und attackierte später dessen Nachfolger Georg Milbradt in der Affäre um die Landesbank. Häufig trafen seine Angriffe ins Schwarze, manchmal grenzten seine Vorwürfe aber auch an Verunglimpfung.

Die Pleite seines Unternehmens, das der gebürtige Niedersachse 1991 übernommen und seitdem aufgebaut hat, habe Nolle ungeheuer mitgenommen, sagen Parteifreunde. Dass er 2014 noch einmal für den Landtag kandidiert, halten sie wegen seines Alters für wenig wahrscheinlich.

Von Karin Schlottmann

Karl Nolle im Webseitentest
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