Karl Nolle, MdL

Freie Presse Chemnitz, 21.02.2013

Ex-Verfassungsschützerin verteidigt sich

 
Mit der Zeugenaussage von Simone Skroch im Untersuchungsausschuss gerät der „Sachsensumpf“ erneut ins Blickfeld.

Dresden - War die Arbeit des Referats 33/34 „Organisierte Kriminalität“ (OK) im sächsischen Verfassungsschutz wirklich so schlampig, wie es nach der offiziellen Beilegung der „Sachsensumpf“-Affäre 2007 hieß? Die Aussagen der Ex-Referatsleiterin Simone Skroch, deren Zeugenvernehmung gestern im Landtagsuntersuchungsausschuss fortgesetzt wurde, lassen daran zumindest Zweifel aufkommen. Die inzwischen 53-jährige Juristin hatte das Referat von September 2003 bis zu seiner Auflösung 2006 geleitet, bevor sie an die Spitze eines Referats für Ausländerextremismus und Terrorbekämpfung rückte. Obwohl die OK-Truppe ständig unterbesetzt gewesen sei, habe man viel verwertbares Material zusammentragen und an andere Behörden weitergeben können, sagte Skroch.

Zu den Empfängern zählten Polizeidienststellen, Staatsanwaltschaften oder das BKA. Ausschusschef Klaus Bartl (Linke) sprach von mindestens 43 „Abgabe“-Fällen. Den in der Befragung zitierten Protokollen zufolge ging es etwa um Hinweise auf Schutzgelderpressung oder Waffen- und Menschenhandel. Von tschetschenischen Separatisten, osteuropäischen Brigaden, arabischen Waffenhändlern war genauso die Rede wie von einem „Kinderschänderring“ in Dresden, der vor allem aus aktiven und ehemaligen Polizeibeamten bestanden haben soll.

Im Ergebnis ihrer Zuarbeiten habe es „sehr wohl Haftbefehle, Verurteilungen bis hin zu sehr hohen Haftstrafen gegeben“, sagte Skroch. Nicht nur Strafverfolgungsbehörden seien bedient worden, sondern auch „andere Landesämter und insbesondere das Bundesamt für Verfassungsschutz“. Für diese Abgaben an andere Nachrichtendienste wurde laut Skroch im Referat ein eigener Ordner geführt. Der liegt dem Ausschuss bislang noch nicht vor, er will das Material deshalb vom Landesamt nachordern.

In der öffentlichen Wahrnehmung war es bislang vor allem um das Dossier über vermeintliche kriminelle Netzwerke in Leipzig unter Beteiligung hochrangiger Juristen gegangen. Skroch betonte, dass sie auf Anweisung des damaligen Innenstaatssekretärs Jürgen Staupe schon im Juni 2006 einen Bericht über den Fall „Abseits III“ verfassen sollte. Schon im Juli war diese Aufgabe erledigt, allerdings blieb die Angelegenheit dann unter Verschluss und in den Akten.

Das änderte sich erst nach den ersten Medienberichten zum „Sachsensumpf“ im Mai 2007. Innenminister Albrecht Buttolo (CDU) bat sie nun um zügige Übergabe der Erkenntnisse an den Generalstaatsanwalt. Dabei habe sie sich aber auf Weisung der Hausspitze fast ausschließlich auf die Angaben der Quelle „Gemag“ stützen sollen, obwohl viel mehr Hinweisgeber vorhanden gewesen seien, sagte Skroch.

Dass die Verdachtsmomente angeblich nur von jenem „Gemag“ stammten, einem Polizeikommissar, wurde Skroch später zum Vorwurf gemacht. Längst ist die Ex-Verfassungsschützerin vom Dienst suspendiert. Die Generalstaatsanwaltschaft hat sie wegen Verfolgung Unschuldiger angeklagt, weitere Ermittlungsverfahren laufen. Der Ausschuss will ihre Vernehmung in einer Sondersitzung am 8. März fortsetzen, bevor am 10. April der nächste Zeuge kommt: Ex-Verfassungsschutzpräsident Reinhard Boos.

Von Tino Moritz

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