Freie Presse Chemnitz, 13.01.2014
Kandidatenkür endet im Streit
Die SPD wollte Stärke und Geschlossenheit zeigen, doch dann kam alles anders. Nun hat sie ungewollt eine neue Baustelle.
FRANKENBERG— Es hat etwas von einer Tragikkomödie ä la Loriot: Eine Familienfeier beginnt in fast kitschiger Harmonie, um später im Tohuwabohu zu enden. Die Sachsen-SPD war am Samstag im mittelsächsischen Frankenberg angetreten, um die von Parteichef Martin Dulig vorgeschlagene Kandidatenliste für die Landtagswahl Ende August zu bestätigen. Doch schon nach einer kurzen Phase der Eintracht, war der innerparteiliche Frieden dahin.
In zahlreichen Kampfkandidaturen schon ab Listenplatz 7 taten die 8o Delegierten der Landeswahlkonferenz weit mehr, als von einem demokratischen Wettstreit um die besten Köpfe zu erwarten gewesen wäre. Zum Schluss blieb von der Ursprungsliste auf den aussichtsreichen Plätzen nur wenig übrig, dafür ziehen sich tiefe Risse durchs Parteifundament Gestern nun warf Thomas Jurk, Duligs Vorgänger als Parteivorsitzer und seit kurzem Bundestagsabgeordneter, mit Verweis auf Verletzungen aus den Kandidaten-Scharmützeln das Handtuch als Kreisvorsitzender von Görlitz.
Dabei hatte alles so gut begonnen: Dulig erhielt als Spitzenkandidat die prestigeträchtige Quote von knapp 89 Prozent. In seiner Bewerbungsrede hatte er an die Genossen appelliert, sich in die Wahlkämpfe des Jahres 2014 persönlich einzubringen.
,,Unser. Angebot muss Namen bekommen." Der größte politische Gegner sei dabei nicht die CDU, sondern der Vertrauensverlust de/ Bürger in die Politik. »Das ist unsere größte Herausforderung" begründete Dulig sein Ziel, die Regierungsbeteiligung. Die SPD wolle mit ihren Politikangeboten nicht nur die Köpfe, sondern auch die Herzen der Wähler erreichen — von der Kommunal- und Europawahl im Mai bis zur Landtagswahl, so Dulig. Dann könne es gelingen, dass aus dem jüngst guten Umfrageergebnis für die Sachsen-SPD — die Partei lag zuletzt bei bis zu 17 Prozent - auch ein Wahlergebnis werde. Die SPD müsse weg von den zehn Prozent der vergangenen drei Landtagswahlen.
"Die Wunden, die hier gerissen wurden,
werden uns noch lange beschäftigen."
Dirk Panter, Generalsekretär der Sachsen-SPD
Doch das harte Ringen um die vorderen: Listenplätze zeigten Spuren: Der bekannte Dresdner Staatsanwalt Christian Avenarius zog im Tauziehen seine Kandidatur letztlich ganz zurück. Die elf der jetzigen 14 SPD-Landtagsabgeordneten, die wieder ins Parlament wollen, finden sich auf den ersten 15 Plätzen. Auf eben jenem Platz landete schließlich Mario Pecher, Zwickauer Kreischef, der zuvor auf Platz 7 gesetzt war. Ein Dresdner Stadtrat trat gegen ihn an und gewann das Duell.
Danach kam es zu emotionalen Szenen am Rande der Konferenz, es gab Wut- und Tränenausbrüche. Von einer Intrige Dresdner Genossen war die Rede. Bis Platz 19 gab es heftige Debatten um eine angemessene Vertretung der Regionen — darunter Görlitz.
»Die entstandene Liste ist in Ordnung", versuchte Generalsekretär Dirk Panter ein Fazit. Das Aufstellen der Liste sei einschmerzhafter Prozess gewesen. Wer die wahren Verlierer und Gewinner seien, werde sich erst noch zeigen. Über eins war sich der SPD-General im Klaren: »Die Wunden, die hier gerissen wurden, werden uns noch lange beschäftigen."
von Petra Strutz und Uwe Kuhr
Chancenreiche Kandidaten
Unter den aussichtsreichen Listenpiätzen sind:
1. Martin Dulig (Meißen),
2. Eva-Maria Stange (Dresden),
3. Dirk Panter (Leipzig),
4. Petra Köpping (Leipzig-Land),
5. Stefan Brangs (Bautzen) sowie Region Südwestsachsen:
6. Hanka Kliese (Chemnitz),
9. Henning Homann (Mittelsachsen),
12. Juliane Pfeil (Vogtland),
13. Volkmar winkler (Nordsachsen),
14. Iris Raether-Lordieck (Zwickau),
15. Mario Pecher (Zwickau),
17. Simone- Lang (Erzgebirge) sowie
18. Jörg Vieweg (Chemnitz). (uk)