Sächsische Zeitung, 02.05.2014
So lief der Förder-Schwindel
Sachsens Ex-Wirtschaftsminister Martin Gillo (CDU) soll die Schuld haben. Der Landespolitiker habe auf einem Unternehmer-Empfang nach dem Augusthochwasser 2002 gesagt: „Nutzen Sie die Fluthilfe, um ihre Unternehmen besser zu machen.“
Der frühere Chef des Meißner Druckhauses auf dem Baderberg Wolfgang Lerchl will das wörtlich genommen haben. Bereits seit 2000 habe er geplant, aus der Meißner Innenstadt mit ihren beengten Verhältnissen ins Gewerbegebiet nach Radebeul-Naundorf umzuziehen. Das traditionelle Meißner Druckhaus wollte er zu einer modernen Online-Druckerei umbauen. Sein Problem Anfang der 2000er-Jahre: Es fand sich keine Bank, um den Standort-Wechsel zu finanzieren.
Diese Aufgabe sollte nun – wenn auch unfreiwillig – Sachsens Aufbaubank (SAB) übernehmen. Mit einer gebrauchten Maschine fing es an. Bei der Anzeige als Flutverlust verwandelte sich diese plötzlich in ein völlig neuwertiges Produkt. Dementsprechend stieg die aus der Fluthilfe überwiesene Fördersumme. Das einmal bewährte Prinzip machte Schule. Wolfgang Lerchl wandte es ebenfalls an, als er aufgearbeitete Maschinen von der Planeta als Ersatz für die Hochwasserverluste erwarb. Erneut wurde alte Technik auf den Antragspapieren zu neuer. „Einmal angefangen, konnte er nicht mehr zurück“, so erklärt es die Vorsitzende Richterin Michaela Kessler.
In den nächsten Jahren wuchs die Latte an Betrügereien erheblich an. Beim Ankauf des Radebeuler Grundstücks, beim Bau des neuen Unitedprint-Firmengebäudes und bei der Finanzierung eines großen Teils des Maschinenparks: Überall zahlte Lerchl gern überhöhte Rechnungen und ließ die üblichen Nachlässe anschließend über separate Verträge wieder an sein Unternehmen zurückfließen. (SZ/pa)