Karl Nolle, MdL

Neues Deutschland, 08.05.2014

Falk Neubert bekennt sich zu Blockade -LINKE-Politiker vor Gericht

 
Zum Auftakt eines Prozesses gegen ihn vor dem Dresdner Amtsgericht hat sich der sächsische Abgeordnete Falk Neubert (LINKE) zur Blockade eines Naziaufmarsches am 19. Februar 2011 in Dresden bekannt und sein Engagement verteidigt. Es gebe  »das Recht, Proteste gegen Menschenfeindlichkeit in Sichtund Hörweite laut und deutlich zu artikulieren«, sagte der Politiker. Sein Verhalten sei vom Grundrecht auf Meinungsfreiheit gedeckt. Der 40-Jährige verwies auf die große Zahl von Gegendemonstranten, die sich an diesem Tag dem Naziaufzug in den Weg gestellt hätten: »Davon war ich ein kleiner Teil.«

Die Staatsanwaltschaft Dresden hält das Verhalten von Neubert indes für strafbar. Sie wirft ihm vor, er habe »einen nicht verbotenen Aufzug blockiert, um ihn zu verhindern«, wie Oberstaatsanwalt Jürgen Schär in der Anklageschrift formuliert. Damit habe er gegen das Versammlungsgesetz verstoßen. Die Anklage legt dem Abgeordneten eine »grobe Störung« zur Last.

Der Dresdner Aufmarsch Mitte Februar gehörte für Nazis weit über Sachsen hinaus vor drei Jahren noch zu den wichtigsten Terminen: Die Demonstrationen anlässlich des Jahrestags der Zerstörung der Stadt am 13. Februar 1945 galten zeitweise als größter Treff der rechtsextremen Szene in Europa. Allerdings hatten bereits 2010 massive Proteste bewirkt, dass die am Bahnhof Neustadt versammelten Nazis ihren Aufzug nicht durchführen konnten. 2011 gab es dann erneut erheblichen Widerstand. Obwohl die Polizei beide Lager auseinander zu halten versuchte, kam es zu erfolgreichen-.Störungen und Blockaden. Am Nürnberger Platz, wo die Polizei nach Angaben eines gestern als Zeugen gehörten Polizisten mit 4000 Nazis rechnete, erschienen wegen der Proteste nur 150; weitere 600 steckten am Bahnhof fest. Ein Kölner Polizeibeamter erklärte im Zeugenstand, seiner Wahrnehmung nach sei man in Dresden an dem Tag »sehr entschlossen« gewesen, keine rechte Demonstration zu dulden.

Die Atmosphäre um die Blockade, an der sich Neubert gemeinsam mit anderen Abgeordneten beteiligte und die auf einer Kreuzung bis zu 1000 Menschen vereinte, beschrieb der Polizist aus Köln als friedfertig. Jedoch hätten sich »bürgerliches und gewalttätiges Spektrum« vermischt. Die Menschenmenge habe in den von der Polizei abgeriegelten, eigentlich für den Aufzug der Nazis vorgesehenen Raum nur gelangen können, weil zuvor »Störer äu-ßerst gewalttätig die Sperrstellen durchbrochen« hätten.

Nachdem sie die Blockade aufgelöst hatte, stellte die Polizei die Personalien von 193 Teilnehmern fest. Insgesamt leitete die Staatsanwaltschaft Dresden später 465 Ermittlungsverfahren wegen Verstoßes gegen das Versammlungsgesetz ein. Neubert bezeichnete die Verfahren als »interessengeleitet und politisch motiviert« und kritisierte, auf die Weise »schreckt man Menschen ab, gegen Nazis zu demonstrieren«. Eine von Richter Frank Ponsold angebotene Einstellung des Verfahrens gegen eine Geldauflage lehnte er ab.

In einem ähnlichen Verfahren war Anfang April schon der Grünen-Abgeordnete Johannes Lichdi zu einer Geldstrafe von zehn Tagessätzen zu jeweils 150 Euro verurteilt worden. Der Prozess gegen Neubert wurde nach der Vernehmung von drei Zeugen unterbrochen und soll am 21. Mai fortgesetzt werden. Das Gericht hatte ursprünglich nur einen Verhandlungstag angesetzt, allerdings in der Ladung einen Zeugen zu erwähnen vergessen. Neuberts Verteidiger Andre Schollbach widersprach der Anhörung erfolgreich.

Von Hendrik Lasch, Dresden

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