DNN/LVZ, 21.06.2014
Duligs Mann für das Justizressort
Staatsanwalt Avenarius ist umtriebig - und umstritten
Dresden. Sachsens SPD-Spitzenkandidat Martin Dulig ist derzeit eifrig unterwegs. Ständig stehen Termine im Vorfeld der heißen Wahlkampfphase an, hinzu kommen Landtagssitzungen und aktuell auch noch ein sogenannter SPD-"Sicherheitscheck". Dabei geht es den Sozialdemokraten nicht zuletzt um den Zustand der Justiz - samt Problemlagen wie die rapide Überalterung oder offene Verfahren in fünfstelliger Höhe. Das wollte Dulig gestern präsentieren, um ein paar rechtspolitische Duftmarken im Wahlkampf zu setzen. Das eigentlich Interessante an seinem Auftritt aber war derjenige, den er sich an die Seite geholt hatte: Christian Avenarius, SPD-Mitglied und ehemaliger Sprecher der Staatsanwaltschaft Dresden.
Das liegt zum einen an der Rolle, die Avenarius im sächsischen SPD-Szenario spielt. Auch wenn es das in dieser Form nicht gibt, faktisch fungiert er als Schattenminister im Kabinett Dulig. Schlechte Chancen hat Avenarius dabei nicht. Sollte es nach dem 31. August zu einer Neuauflage der schwarz-roten Koalition kommen, und sollte das Justizressort an die Sozialdemokraten gehen, wäre er wohl Justizminister.
Das ist die eine Seite des Christian Avenarius, die andere betrifft sein Image in Sachsen. Als umtriebig und mediengewandt gilt der Oberstaatsanwalt, gleichzeitig ist er aber auch umstritten - um es vorsichtig zu formulieren. Ob beim Thema Massen-Gentest oder als Vorkämpfer bei der Abmoderation der sogenannten Sachsensumpf-Affäre um Geheimakten des Verfassungsschutzes, stets versuchte sich der Ex-Sprecher in Szene zu setzen. Faktisch aber besorgte er damit das Geschäft von Ex-CDU-Regierungschef Georg Milbradt. Letztlich passte es allerdings zur Neigung der Dresdner Staatsanwaltschaft, sich oft und gern im Umfeld der großen Politik zu bewegen.
Allerdings ging Avenarius auch schon mal zu weit. So versuchte er sich in der Aktenaffäre mit seiner Ansage zu profilieren, die Staatsanwaltschaft ermittle gegen den Leipziger Polizisten Georg Wehling wegen des Verdachts der Falschaussage im U-Ausschuss - obwohl dessen Auftritt im Landtag noch gar nicht abgeschlossen war. Solange dies aber nicht der Fall ist, darf prinzipiell nicht ermittelt werden, wegen möglicher Beeinflussung des Zeugen. Und natürlich kommentierte Avenarius auch das bundesweit beachtete Verfahren gegen die beiden Leipziger Journalisten Arndt Ginzel und Thomas Datt. Das allerdings endete für die übereifrige Dresdner Staatsanwaltschaft in einem Desaster.
Auf seinen möglichen Karrieresprung dürfte all dies nach derzeitigem Stand kaum Auswirkungen haben. "Er ist einer meiner wichtigsten rechtspolitischen Berater im Wahlkampf", meinte Dulig gestern zur Rolle von Avenarius. Letztlich dürfte es aber auch daran liegen, dass in sächsischen SPD-Reihen akuter Juristen-Mangel herrscht.
Von Jürgen kochinke