DNN/LVZ, 30.09.2014
Tauziehen um Vizepräsidenten-Posten
Wahl der Stellvertreter von Landtagspräsident Rößler vertagt / Linke macht sich Hoffnung
Dresden. Das Prozedere hat Seltenheitswert im sächsischen Landtag. Bisher war es gute Sitte im Freistaat, dass in der ersten Sitzung nach einer Wahl nicht nur der Landtagspräsident gewählt wird, sondern seine Stellvertreter gleich mit. So war es bisher immer - gestern allerdings nicht. Zwar hat sich das Landesparlament konstituiert, hat auch pflichtgemäß mit Matthias Rößler (CDU) gleich noch den alten Präsidenten zum neuen ernannt. Die begehrten Vizeposten aber standen erst gar nicht zur Wahl.
Hintergrund für diese Zögerlichkeit des neuen Parlaments ist das Gerangel um die Vizeposten - und die Tatsache, dass die schwarz-rote Koalition noch lange nicht steht. Denn klar ist: Drei Stellvertreter gab es bisher im Landtag, und nach derzeitigem Verfahren gehen die beiden ersten an die CDU. Erst auf den dritten Stellvertreter-Posten haben andere Fraktionen Zugriff. Da es hier auf die jeweilige Stärke ankommt, sind die Linken am Zug. Das war auch schon in den Wahlperioden zuvor nicht viel anders, hat aber im Vorfeld stets zu einigem Streit geführt. Denn der dritte Vizeposten wurde erst 2004 eingeführt, zu Beginn der ersten schwarz-roten Koalition. Vorher, unter der CDU-Alleinregierung, hatte es nur zwei gegeben. Um aber die schon 2004 kleine SPD auch zum Zuge kommen zu lassen, wurde extra ein dritter Posten kreiert - den die CDU dann gönnerhaft dem kleinen Koalitionspartner überließ. Landtagsvize wurde Gunther Hatzsch, der zuvor überraschend seinen Leipziger Direktwahlkreis gewonnen hatte.
Das sorgte für heftige Attacken von Seiten der Opposition. Ganz vorn mit dabei war nicht zuletzt FDP-Fraktionschef Holger Zastrow, der Schwarz-Rot umgehend "Postenschacher" vorwarf. 2009 aber, als Zastrows Liberale selbst mitregieren durften, wurde der dritte Vizeposten nicht abgeschafft. Er ging vielmehr an Andreas Schmalfuß, und der ist von der FDP.
Damit ist bereits der Rahmen abgesteckt für die Redeschlachten der kommenden Wochen. Bereits vor Kurzem hat sich AfD-Chefin Frauke Petry schon mal vorsorglich zum PR-trächtigen Thema zu Wort gemeldet und die Abschaffung des dritten Vizeposten gefordert. Offen ist, ob die Linke das genauso sieht, schließlich hat sie hier Zugriff - würde sich damit selbst beschneiden.
Jürgen Kochinke/Kai Kollenberg