Freie Presse Chemnitz, 30.09.2014
Landtag bestätigt Präsident Rößler mit mäßigem Ergebnis
Das Parlament gibt sich zum Auftakt mit der Wahl seines neuen, alten Chefs zufrieden - weil für CDU und SPD die Regierungsbildung Vorrang hat.
Dresden. Ganz so schlimm wie es der Alterspräsident verkündet, fällt das Ergebnis des Tages dann doch nicht aus. "An der Wahl des Landtagspräsidenten haben sich 125 Abgeordnete beteiligt", sagt Svend-Gunnar Kirmes zunächst noch richtig. Der CDU-Hinterbänkler hat seinem Geburtstag am 19. November 1949 den Job als Alterspräsident und damit den Auftritt seines Lebens zu verdanken - dem aber kaum weitere folgen dürften. Und das hat weniger mit den wiederholten Versprechern als mit folgender Feststellung im entscheidenden Moment zu tun: "Auf den Abgeordneten Dr. Matthias Rößler entfielen 43 Stimmen."
Dass es 73 und damit ausreichend waren, bemerkt Kirmes zwar zum Glück noch selber, aber da dürfte so manchem Abgeordnetenkollegen schon der Schreck durch die Glieder gefahren sein. Ein Scheitern von Rößler war nicht eingeplant - auch wenn der 59-Jährige in den ersten fünf Jahren seiner Amtszeit recht wenig dafür getan hat, damit ihn auch die Opposition lieb gewinnt. Sachsens langjähriger Kultus- und späterer Wissenschaftsminister gilt mit seiner knorrigen Art weiterhin nicht als Mann des Ausgleichs. Bei Grünen, Linken und SPD sammelte sich zuletzt jede Menge Frust über seinen aus ihrer Sicht viel zu sanften Umgang mit der vormaligen CDU/FDP-Regierung an.
Noch nie bekam ein Landtagspräsident in Sachsen weniger Stimmen als das Regierungslager Sitze besaß. Falsche Rückschlüsse verbieten sich aber von selbst. Schließlich steckt nun - nach dem Ausscheiden der FDP - die SPD mittendrin in Koalitionsverhandlungen mit der CDU. Die Genossen sind alles andere als daran interessiert, das Gesprächsklima durch aufreizendes Stimmverhalten zu vergiften. Insofern könnten die mindestens drei Abweichler von Schwarz-Rot auch aus der CDU stammen. Zur Ablehnung von Rößler, der sein Amt künftig "unparteiisch, überparteilich, gerecht" ausüben will, bekennt sich am Montag aber weder einer seiner 57 anwesenden Fraktionskollegen, noch jemand unter den 18 SPD-Mandatsträgern.
Die 36 Nein-Stimmen dürften derweil vor allem auf das Konto von Linken (27 Sitze) und Grüne (8 Sitze) gehen - und die meisten der 16 Enthaltungen von der AfD stammen. Die 14 "Alternativen" nehmen am Montag zum ersten Mal in einem deutschen Landesparlament Platz, ohne allerdings auch nur einmal das Wort zu ergreifen. Auch nachdem die Geschäftsordnung des vorigen Landtags einstimmig bis auf Weiteres zur Grundlage des neuen Parlaments erklärt wurde, melden sich nur die Geschäftsführer der anderen beiden Oppositionsfraktionen zu Wort.
"Dass wir heute und hier nur eine halbe Konstituierung durchführen, ist kein gutes Zeichen", kritisiert zuerst der Linke Sebastian Scheel. Und der Grüne Valentin Lippmann moniert dann "eine Umkehr des Rollenverständnisses des Parlaments, wenn es sich in den Zeitabläufen der Bildung einer Regierung unterordnen muss."
Tatsächlich ist es ein Novum für Sachsen, dass bei der konstituierenden Sitzung des Landtags außer der Verpflichtung der Abgeordneten und der Präsidentenwahl nichts passiert. Hintergrund: CDU und SPD wollen sich dieses Mal zuerst auf einen Koalitionsvertrag verständigen. Anders als 2004, als die Geschäftsordnung schon vorher durchging - und gleich noch der bis heute umstrittene dritte Vizeposten im Landtagspräsidium erfunden wurde.
Präsidiale Resultate
- 1990: Erich Iltgen erhielt 132 von 153 Stimmen (86,3 %). CDU: 92 Sitze.
- 1994: Für Iltgen sind 81 (68,6 %), 31 Nein, 6 Enthaltungen. CDU: 77 Sitze.
- 1999: Iltgen erreichte 93 Stimmen (78,2 %). CDU: 76 Sitze. Nein: 16. Enthaltungen: 10.
- 2004: Für Iltgen sind 91 (74%), 10 Nein, 22 Enthaltungen. CDU/SPD: 68.
- 2009: Für Matthias Rößler stimmen 82 (64%), gegen ihn 43. Drei enthalten sich. CDU/FDP haben 72 Sitze.
Von Tino Moritz