Karl Nolle, MdL

sueddeutsche.de, 16.12.2014

PEGIDA - Hort für alles Rückwärtsgewandte

 
Videointerview mit Heribert Prantl

"Die PEGIDA-Demonstranten fordern nicht mehr, sondern weniger Rechte für Minderheiten. Die Politik muss mit solchen Menschen keinen Dialog führen. Aber sie darf die Fehler aus den neunziger Jahren auch nicht wiederholen."

Frage: Sie fürchten eine Überfremdung Deutschlands und fordern null Toleranz gegenüber straffällig gewordenen Migranten, die Anhänger der PEGIDA. Montag für Montag gehen mehr Menschen mit ihnen auf die Straße. Herr Prantl, ist das jetzt eigentlich eine vorübergehende Erscheinung oder wird die PEGIDA wirklich das politische Klima in Bezug auf Migranten und Asylsuchende nachhaltig verändern?

Prantl: Das hängt davon ab wie die Politik reagiert und ich erhoffe mir, daß sie strikt reagiert. Ich halte es für falsch, hier Verständnis zu zeigen und zu sagen, hier gibt es diffuse Ängste. Es gibt hier nicht diffuse Ängste, sondern konkrete Ressentiments,
Ressentiments gegen Ausländer, Ressentiments gegen Minderheiten, gegen Homosexuelle, auch gegen Frauen. Diese PEGIDA Demonstranten wollen nicht mehr sondern weniger Rechte der Minderheiten, sie wolle nicht mehr Rechte sondern weniger Rechte für Flüchtlinge, sie wollen nicht mehr sondern weniger Rechte für Frauen.

Diese Demonstrationen sind ein Hort für alles Rückwärtsgewandte und nicht nur für ein nostalgisches sondern für ein gefährliches. Ich will nicht, wie wir es in den neunziger Jahren erlebt haben, dass sich die Politik von Ausländerfeinden, von Leuten die gegen Flüchtlinge agitieren, treiben lassen.
Damals hat man sich treiben lassen, damals hat man das Asylrecht geändert, die Folgen und baden wir bis heute aus. Das will ich nicht.
Nicht den Demonstranten von Dresden und von Düsseldorf und von Bonn geht es schlecht, den Flüchtlingen in Deutschland geht es schlecht, deren Lage muss man verbessern und da erhoffe ich mir ein deutliches Zeichen der Politik.

Frage: Innenminister de Maizière hat gesagt, wir müssen diese Menschen ernst nehmen. Wie könnte denn ein ernsthafter Dialog mit dieser Gruppierung aussehen?

Prantl: Ich weiß, nicht ob man einen Dialog mit Leuten eingehen muss, die mit Minderheiten schäbig umgehen. Man muss ja nicht darüber reden, daß man Straftäter bestraft, das ist selbstverständlich in einem Rechtsstaat . Um solche Selbstverständlichkeiten geht es nicht. Und wenn dann im Fernsehen von Vertretern der AfD so etwas behauptet wird, daß man das durchsetzen müsse, dann ist das lächerlich, der Rechtsstaat macht diese Dinge.

Worum es hier geht ist, das rechtsstaatliche Selbstverständlichkeiten, die Art und Weise wie man in diesem Lande mit den Leuten umgeht, daß Religionsfreiheit herrschen soll, daß diese Dinge infrage gestellt werden.
Und mit Leuten die die Religionsfreiheit infrage stellen, die Flüchtlinge schäbig behandeln wollen, mit den Leuten führe ich keinen Dialog. Da sage ich, diese Werte sind uns wichtig. Wir leben im 65. Jahr des Grundgesetzes, die Grundrechte sind uns wichtig und wenn jemand die Grundrechte infrage stellt, verteidige ich diese Grundrechte gingen diejenigen die sie infrage stellen.

Frage: Der Leitslogan ist „wir sind das Volk“ und damit erinnern die PEGIDA-Anhänger an den Leitspruch von 1989, den berühmten Montagsdemonstrationen. Warum will man denn hier diese Parallele aufbauen?

Prantl: Weil man sich den Ruf geben will, tatsächlich für eine ganz große Mehrheit zu reden. Und weil man sich den guten Ruf dieser demokratischen Revolutionäre an die Fahne heften will und das halte ich für eine Unverschämtheit.
Diese Demokraten, die das alte Regime in der DDR gestürzt haben, das waren Leute die den Mut hatten, auch mit Risiko ins Gefängnis zu kommen, für Freiheit, für Grundrechte einzutreten und das machen diese Demonstranten genau nicht, sie treten nicht für Grundrechte ein, sondern für das Gegenteil.

Karl Nolle im Webseitentest
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