Karl Nolle, MdL

DNN/LVZ, 23.04.2015

NSU-Prozess: Milde Strafen wegen Behördenversagens?

 
München. Der Verfassungsschutz war schon wenige Monate nach dem Abtauchen des NSU-Trios dicht auf der Spur von Beate Zschäpe, Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt. Das sagte gestern der Präsident des sächsischen Verfassungsschutzes, Gordian Meyer-Plath, als Zeuge im Münchner NSU-Prozess. Er habe wenige Monate nach dem Abtauchen des Trios im Januar 1998 mehrere Berichte eines V-Mannes dazu erhalten. Sie hätten Anhaltspunkte enthalten, wo sich die drei aufhielten, allerdings keine konkreten Informationen.

Zschäpe ist für die dem NSU zugeschriebene Serie von zehn Morden und zwei Sprengstoffanschlägen angeklagt. Die Verteidiger zweier Angeklagter gerieten während der Vernehmung Meyer-Plaths mehrmals aneinander. Dabei ging es um die Frage, ob die Behörden die Verbrechensserie ab dem Jahr 2000 hätten verhindern können.

Die Verteidigung Zschäpes versuchte immer wieder, Nachfragen an Meyer-Plath dazu mit juristischen Argumenten zu verhindern. Die Anwälte des als "steuernde Zentralfigur" hinter dem NSU angeklagten Ralf Wohlleben konterten, die Fragen seien für das Verfahren relevant. "Das hätte erhebliche Auswirkungen auf die Straffrage", sagte Anwalt Olaf Klemke. "Behördenversagen" gelte als strafmindernd. Meyer-Plath sagte, er habe es für "plausibel" gehalten, dass das Trio sich nach der Flucht aus Jena in Chemnitz versteckt hielt.

Zuvor hatten ihm vor allem Nebenklägeranwälte mehrere Zitate aus V-Mann-Berichten vorgehalten. In einem hieß es, eine Quelle habe ausdrücklich mitgeteilt, die drei hielten sich "im Raum Chemnitz" auf. Seine Behörde habe diese Information routinemäßig an andere Behörden weitergegeben. Meyer-Plath nannte ausdrücklich auch das Kölner Bundesamt für Verfassungsschutz. Wie sich nach dem Auffliegen des NSU Ende 2011 herausstellte, hielten sich Zschäpe, Mundlos und Böhnhardt nach ihrem Abtauchen tatsächlich zuerst in Chemnitz, dann in Zwickau auf. Von dort sollen zumindest Mundlos und Böhnhardt zu ihren Tatorten in ganz Deutschland gereist sein.

Christoph Lemmer

Karl Nolle im Webseitentest
der Landtagsabgeordneten: