Karl Nolle, MdL

DNN/LVZ, 07.07.2015

Wahl in Dresden - Dämpfer für rot-rot-grüne Planspiele im Land

 
Trotz aller Unterschiede sagt der Urnengang an der Elbe einiges über die politische Großwetterlage aus. Von Jürgen Kochinke

Dresden. Mit dem zweiten Urnengang in Dresden am Sonntag ist der Kommunalwahl-Marathon in Sachsen beendet. Welche Konsequenzen lassen sich aus dieser ganz speziellen Wahl in der Landeshauptstadt für die Politik im Freistaat ziehen? Was bedeutet der am Ende doch recht deutliche Sieg von Dirk Hilbert (FDP) für die Parteien auf der landespolitischen Ebene? Gibt es - auch unabhängig von den handelnden Personen - klare Sieger und Gewinner? Wir versuchen die Folgen des zweiten Akts bei der Dresdner Oberbürgermeister-Wahl ein wenig auszuloten.

Taugt die Landeshauptstadt als Blaupause für die politische Großwetterlage im Freistaat?

Ja und nein. Dagegen spricht, dass Kommunalwahlen generell sehr stark auf die Personen in den jeweiligen Regionen zugeschnitten sind. Entsprechend lassen sich die Ergebnisse einer OB-Wahl nur bedingt auf die landespolitische Ebene übertragen. Weiterhin gilt, dass Dresden in vielerlei Hinsicht reichlich speziell ist. Nicht nur die unmittelbaren politischen Akteure - siehe Pegida - neigen an der Elbe zu Alarmismus; allzu oft wird hier manches mindestens so heiß gegessen, wie es gekocht wird. Zum anderen aber lässt sich manche Facette der Dresdner Verhältnisse dennoch aufs Land übertragen. Denn letztlich tickt die Landeshauptstadt politisch ähnlich (klein-) bürgerlich-konservativ wie viele andere Regionen in Sachsen auch - zumindest die ländlichen.

Was heißt der Sieg von Hilbert für rot-rot-grüne Planspiele bei der Landtagswahl 2019?

All jene Parteistrategen bei Linken, SPD und Grünen, die jetzt schon ans Wahljahr 2019 denken, dürften ins Grübeln kommen angesichts der Dresdner OB-Wahl. Denn hier hat nicht einfach nur Wissenschaftsministerin Eva-Maria Stange (SPD) verloren, sondern die gemeinsame Kandidatin von Rot-Rot-Grün. Und eben deshalb zeigt das relativ eindeutige Ergebnis, dass selbst in einer Kommune mit einer bunten Mehrheit im Stadtrat der entsprechend eingefärbte Konsens-Kandidat bei den Bürgern durchfällt. Zwar lag das auch daran, dass die strategische Überlegung von Rot-Rot-Grün, über die Wählervereinigung "Gemeinsam für Dresden" mit dem renommierten Professor Karl-Siegbert Rehberg an der Spitze Teile des bürgerlichen Milieus auf die Seite von Stange ziehen, nicht aufgegangen ist. Darüber hinaus aber belegt es ebenso: Alle rot-rot-grünen Planspiele kann man landesweit bis auf Weiteres vergessen - Wiedervorlage vielleicht 2024.

Geht eine Partei als Sieger vom Platz?

Nein. Zwar darf FDP-Landeschef Holger Zastrow nach dem Scheitern bei der Landtagswahl 2014 jetzt noch einmal kurz in das eine oder andere Mikrofon sprechen. Allein aus der Tatsache, dass Hilbert FDP-Mitglied ist, folgt aber noch lange nicht, dass die Liberalen wieder auf dem Vormarsch in Sachsen sind. Denn es war doch nur zu offensichtlich, dass Zastrows siegreicher "Parteifreund" im OB-Wahlkampf alles daran gesetzt hat, sich bloß nicht als FDP-Mann zu erkennen zu geben. Er hat vielmehr bewusst den Überparteilichen gespielt, wofür er reichlich Gründe gehabt haben dürfte. Und von den anderen Parteien kann eh keiner als Gewinner gelten.
Ist eine Partei der klare Verlierer?

Ja, allerdings eine, die beim zweiten Wahlgang erst gar nicht mehr angetreten ist: die CDU. Dass ihr Kandidat, Innenminister Markus Ulbig (CDU), beim ersten Durchgang vier Wochen zuvor mit rund 15 Prozent die Bühne verlassen hat, ist schon übel genug. Richtig schlimm aber wird es erst durch das Ergebnis von Hilbert. Denn das hält der Union unerbittlich vor Augen, dass ein bürgerlicher Kandidat in Dresden allemal mehrheitsfähig war - nur Ulbig nicht.
Welche Folgen hat das fürs Kabinett?

Vorerst keine, das Kabinett wird weiter das alte sein. Denn da beide Kandidaten mit Ministerrang durchgefallen sind, bleiben sie im Amt. Ob und wie lange das so bleibt, ist offen. Dabei kann man im Falle von Stange sagen, dass die von ihr eingefahrenen 44 Prozent keineswegs blamabel sind. Ob die Niederlage in Dresden ihr nicht trotzdem zugesetzt hat, wird erst die Zukunft zeigen. Übersichtlicher ist die Lage im Falle von Ulbig, der reichlich Schaden genommen hat. Nicht zufällig macht in Dresden schon seit Wochen das böse Wort vom "Minister auf Abruf" die Runde.

Ändert sich das Gefüge im Landtag?

Hier ist die Lage ganz ähnlich. Denn nach ihrem Scheitern werden sowohl Ulbig wie Stange weiter im Parlament sitzen. Ihre Abgeordneten-Mandate hätten sie nur abgeben müssen, wenn sie die OB-Wahl gewonnen hätten. Unabhängig davor dürfte in Kürze trotzdem Bewegung in den Landtag kommen, angestoßen durch weitere Dresdner Personalien. Das liegt an der anstehenden Neubesetzung der Beigeordneten-Posten im Rathaus, wo nicht wenige Abgeordnete im Spiel sind. Dabei handelt es sich um Annekatrin Klepsch und Falk Neubert (beide Linke) sowie Eva Jähnigen (Grüne). Sollten diese Bürgermeister unter dem neuen OB Hilbert werden, müssten sie den Landtag verlassen und es kämen Nachrücker zum Zug.

Karl Nolle im Webseitentest
der Landtagsabgeordneten: