Karl Nolle, MdL

Sächsische Zeitung, 03.09.2018

Verfassungsschutz beobachtet Teile der AfD-Jugend (Sachsen nicht)

 
Wird die Partei ein Fall für den Verfassungsschutz? Auf Bundesebene wohl erst einmal nicht. Auch sächsische Spitzenpolitiker sind skeptisch.

Berlin/Bremen. Der gemeinsame Demonstrationszug von AfD und Pegida in Chemnitz gibt der Debatte über eine Beobachtung der Partei durch den Verfassungsschutz neue Nahrung.

Der niedersächsische und der Bremer Verfassungsschutz nehmen jetzt den AfD-Nachwuchs ins Visier. „Den entsprechenden Antrag habe ich heute früh unterschrieben“, sagte Niedersachsens Innenminister Boris Pistorius (SPD) am Montag. Der Bremer Senat teilte am Montag mit, die Junge Alternative werde seit der vergangenen Woche beobachtet.

Es handele es sich um eine verfassungsfeindliche Organisation. Die Entscheidung habe nichts mit den Ereignissen in Chemnitz zu tun, sagte Pistorius. Der Landeschef der Jugendorganisation der AfD Niedersachsen“, Lars Steinke, war im August abgesetzt worden, nachdem er Hitler-Attentäter Claus Schenk Graf von Stauffenberg als Verräter bezeichnet hatte.

Die AfD hatte für Samstag zu einem „Schweigemarsch“ nach Chemnitz eingeladen, um an die Tötung eines 35-Jährigen Deutschem mit kubanischen Wurzeln zu erinnern. Als Tatverdächtige gelten zwei junge Araber. An der Kundgebung nahmen rund 8 000 Menschen teil. Neben mehreren AfD-Landesvorsitzenden marschierten auch Vertreter des fremdenfeindlichen Pegida-Bündnisses in der ersten Reihe mit.

Regierungssprecher Steffen Seibert sagte, was man in Chemnitz dort neben berechtigter Sorge und Betroffenheit am vergangenen Wochenende auch gesehen habe, „diese Aufmärsche gewaltbereiter Rechtsextremisten und Neonazis, das hat ja mit Trauer um einen Menschen oder mit Sorge um eine Stadt, um ein Gemeinwesen, wirklich nicht das Geringste zu tun“. Dies habe keine Botschaft der Trauer ausgesendet, sondern „eine Botschaft des Hasses“ auf Ausländer, Politiker, auf die Polizei und auf die freie Presse. Vor diesem Hintergrund sei es gut, dass gleichzeitig so viele Menschen in Chemnitz „Haltung gezeigt“ hätten.

Die AfD sei weder bürgerlich noch patriotisch, sagte SPD-Chefin Andrea Nahles auf dem Gillamoos-Volksfest im niederbayerischen Abensberg. „Das ist eine Partei, die vom Verfassungsschutz beobachtet werden muss.“ „AfD, NPD, Hooligans – Seit‘ an Seit‘ sind sie marschiert“, kritisierte Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) auf dem Volksfest mit Blick auf die Kundgebung am Wochenende. Als „heimlichen Führer der AfD“ bezeichnete Söder den Thüringer Rechtsaußen Björn Höcke – „er beginnt diese Partei systematisch umzuentwickeln“.

Laut einer repräsentativen Umfrage ist eine Mehrheit der Deutschen dafür, die AfD zu beobachten. Auch aus den Reihen von CDU, SPD und Grünen kamen entsprechende Forderungen. Innenminister Horst Seehofer (CSU) sieht aktuell keine Grundlage für eine flächendeckende Beobachtung der AfD durch den Verfassungsschutz. Ein Sprecher des Bundesinnenministeriums betonte: „Dass Einzelne oder vielleicht auch Viele lokal anders agieren, erlaubt noch nicht die Beobachtung der gesamten Partei.“

Die AfD-Spitze findet die ganze Debatte unverständlich. „Das ist absurd, denn wir sind eine demokratische Partei, die für einen starken Rechtsstaat eintritt“, heißt es in einer am Montag veröffentlichten Erklärung von fünf AfD-Spitzenpolitikern, darunter die beiden Parteivorsitzenden Alexander Gauland und Jörg Meuthen Die Parteispitze erklärte, bei den AfD-Veranstaltungen in der sächsischen Stadt habe es keine Gewalt gegeben. Meuthen und Gauland erklärten gemeinsam mit der Bundestagsfraktionsvorsitzenden Alice Weidel und den beiden Parteivize Kay Gottschalk und Georg Pazderski: „Die AfD wehrt sich entschieden gegen Extremisten, die berechtigte Proteste dazu missbrauchen, um ihr demokratiefeindliches Weltbild kundzutun“.

Auch der sächsische Innenminister Roland Wöller (CDU) ist in Sachen Beobachtung der AfD durch den Verfassungsschutz skeptisch. Er sei unklar, ob einzelne Bestrebungen innerhalb einer Partei ausreichten, die gesamte Partei zu beobachten, sagte er am Montag in Dresden. Das, was sich in Chemnitz gezeigt habe, sei aber Anlass genug, genau hinzuschauen, „wo hört der rechte Rand auf und wo beginnt der rechte Sumpf“. Da sei die „Mobilisierungswucht von Rechtsradikalen, von rechten Chaoten und das gemeinsame Marschieren der rechtspopulistischen Bürgerbewegung mit der AfD“.

Laut Wöller hat der Verfassungsschutz die gesetzliche Aufgabe, alle Bestrebungen zu identifizieren und zu beobachten, die gegen die freiheitlich demokratische Grundordnung gerichtet sind. „Das kann man nicht einfach auf Zuruf, auch bei einer einzelnen Partei nicht.“ Umso sorgfältiger müsse man auf Einzelpersonen oder Gruppen schauen. „Das Versammlungsgeschehen in Chemnitz hat deutlich gezeigt, dass die Übergänge fließend sind zwischen Rechtsradikalen und AfD.“  In Wählerumfragen liegt die AfD zurzeit bei 16 bis 17 Prozent.
 
(dpa)

Kommentar von Karl Nolle

Der sächsische Verfassungsschutz möchte nicht so gerne die AfD beobachten, das kann ich verstehen. Dann müßten ja die sächsischen Genies bei der Aufklärung der NSU Verbrechen und der von ihnen amtlich protokollierten Seilschaften des Nazi-Trios in Sachsen möglicherweise sich selber beobachten. Wer tut das schon gerne? Und wie soll man das alles schaffen, wenn dazu noch  Polizeibeamte, Bundeswehr, Bundespolizei, Justizbeamte, Richter und Staatsanwälte kommen?

Ihre politische Grundausbildung haben manche, wie der sächsische Verfassungschutzpräsident  Gordian Meyer-Plath bei deutschen Burschenschaften absolviert, wie der hier angefügte, fast vergessene, Bericht der Sächsischen Zeitung vom 14.6.14 dokumentiert..


Sächsische Zeitung, 14.06.2014

Verfassungsschützer (Meyer-Plath) in Burschenschaft löst Konfroverse aus
Die Opposition erhebt schwere Vorwürfe gegen Gordian Meyer-Plath.

Dresden. Verfassungsschutz-Präsident Gordian Meyer-Plath steht wegen Zugehörigkeit zu einer Burschenschaft in der Kritik Linke und Grüne forderten gestern von Innenminister Markus Ulbig (CDU) Konsequenzen. Linken-Abgeordnete Kerstin Köditz sprach von einer „berühmt-berüchtigten Seilschaft", der Meyer-Plath angehöre. Der Verfassungsschutz könne mit ihm an der Spitze nicht reformiert werden. Die Grünen wollen das Thema im Innenausschuss des Landtags auf die Tagesordnung setzen.

Die Mitgliedschaft in der Bonner Burschenschaft Marchia sei keine Privatangelegenheit des obersten Verfassungsschützers, kritisierte der Abgeordnete Miro Jennerjahn. Der Dachverband Burschenschaft gilt als rechtslastig. Die Wartburg Stiftung in Eisenach stellt ihm deshalb in diesem Jahr den Burghof nicht für einen Festakt zur Verfügung. Die Bonner Burschenschaft Marchia, der Meyer-Plath angehören soll, ist allerdings vor drei Jahren wegen rechtsextremistischer Tendenzen einzelner Mitglieder aus dem umstrittenen Dachverband ausgetreten. Die CDU-Fraktion warf Grünen und Linken Rufschädigung vor. Meyer-Plath wollte sich gestern nicht zu dem Thema äußern. (von Karin Schlottmann)

Karl Nolle im Webseitentest
der Landtagsabgeordneten: