DNN, 25.06.2001
Trikots und Hügelketten
Kommentar von Jürgen Kochinke
Karl Nolle guckt gern Fußball, das Derby zwischen FC Schalke 04 und Energie Cottbus Ende September zum Beispiel. Für dieses erstklassige Match „auf Schalke" hat der schwergewichtige SPD-Landtagsabgeordnete Eintrittskarten gewonnen und fährt natürlich was sonst? - hin. Begründung: Energie sei der Bundesligaverein, der am nächsten an der sächsischen Grenze liege. Deshalb will Nolle dort gut ausstaffiert erscheinen, wie er jetzt öffentlich beteuerte. Mit dabei hat er seinen Fanschal von Energie und ein Trikot. Mit einer Einschränkung: Falls es das Hemdchen „in meiner Größe überhaupt gibt".
Konkurrenz, so lautet eine Politweisheit, belebt das Geschäft. Doch nicht immer, es gibt Ausnahme von dieser schönen Regel. Eine präsentierte jetzt Fritz Hähle: „Die Bewerberflut", räsonierte Sachsens CDU-Fraktions- und -Landeschef kürzlich zur Kronprinzendebatte rund um Ministerpräsident Kurt Biedenkopf (CDU), „hält sich in Grenzen". Wie sehr? Sehr, meinte Hähle, sie liege derzeit „bei Null“ - weniger geht nicht. Für Hähle ist die aktuelle Zurückhaltung der Bewerber trotzdem verständlich: Die möglichen Kandidaten hätten halt keine Lust, „in der Sommerpause durchdekliniert" zu werden. Auch das ist Geschäft.
Beim Thema Aufbau Ost bemüht die Politik oft Hügelketten. Wir seien auf gutem Wege, lautet die wohl feile Formel, aber noch nicht übern Berg. Das ist einfach, versteht jeder. Darüber hinaus macht es Mut im Osten und hält - Stichwort Zahlungsmoral - den Westen bei guter Geberlaune.
Kurt Biedenkopf muss sich das auch so ähnlich - gedacht haben, als er kürzlich per Regierungserklärung von den „Mühen der Ebene" sprach. Hier seien die neuen Länder angelangt mittlerweile. Will sagen: Die Lage ist passabel, wir dürften halt nur nicht nachlassen. Und damit auch jeder merkt, dass es aufwärts geht, fügte Biko hinzu: „aber die Ebene ist ansteigend". Das war schön gesagt, hat nur einen Nachteil: Steigt der Weg an, liegt der Berg meist vor uns.
(Jürgen Kochinke)
