Freie Presse, 13.09.2001
Mittelstand beklagt Zwangsmitgliedschaft in Wirtschaftskammern und fordert SPD
Landespolitiker diskutiert mit Unternehmern aus dem Vogtland - Minister Schwanitz erntet Kritik
PLAUEN. Wie es um die Wirtschaft im Osten und speziell im Vogtland bestellt ist, konnten Mittelständler der Region am Dienstag mit dem SPD-Landtagsabgeordneten
Karl Nolle diskutieren. Der wirtschaftspolitische Sprecher seiner Fraktion sah sich vorab in Neumark und Plauen Verkehrs- und Entsorgungsunternehmen an und lud am Abend zum Disput ins Plauener Malzhaus ein.
Im Gepäck mit zurück nach Dresden nahm er anschließend reichlich Forderungen seiner Gesprächspartner. Darunter die, endlich mit dem Kammerwesen Schluss zu machen, wie es die SPD beim Werben um die Wählerstimmen einst versprochen habe. Teure Zwangsmitgliedschaften in der Industrie- und Handels- sowie der Handwerkskammer sollten der Vergangenheit angehören, dafür Liberalisierung einziehen, lautete der nicht nur von Peter Ottiger unterstützte Wunsch. Der Vertreter der Hoch- und Tiefbau GmbH in Weischlitz beklagte zugleich die Politik bei der Auftragsvergabe. So sollten jene Firmen bevorzugt werden, die Lehrlinge ausbilden. „Wir brauchen junge Leute, aber diese müssen auch gutes Geld verdienen, damit sie einen Anreiz zum Bleiben haben.“ Kritik übte Ottiger an Staatsminister Rolf Schwanitz (SPD), der sich aus seiner Sicht zu wenig für die Belange im Osten des Landes einsetzen würde. „Wenn ich ihm im Fernsehen zuhöre, denke ich manchmal, der kommt gar nicht aus dem Osten, sondern aus Amerika.“
Das rief Heinz Lehmann von der gleichnamigen Jocketaer Maschinenbaufirma auf den Plan, der eine Lanze für Schwanitz und die Schröder-Regierung brach. Könne die doch in ihrer relativ kurzen Amtszeit nicht alles regeln, was über Jahre hinweg versäumt wurde.
Für ein Umdenken im Bildungswesen, das wieder verstärkt traditionelle Werte vermitteln müsse, sprach sich die Runde ebenso aus wie für eine Verbesserung der Zahlungsmoral im Geschäftsverkehr und zielgenaue Wirtschaftsförderung. Letztere sei unter anderem für Firmen wichtig, die Plauener Spitze herstellen, betonte Jürgen Fritzlar, Geschäftsführer des Branchenverbandes der Spitzenindustrie. Auch heute gebe es noch viele Länder auf der Erde, wo Plauener Spitze unbekannt sei. Mit entsprechender Werbung, für die aber oft das Geld fehle, ließe sich das durchaus ändern.
(Thomas Stranz)