dpa/sn, 07.10.2001
"Bild": Biedenkopfs Frau soll in Paunsdorf beteiligt gewesen sein
Dresden (dpa/sn) - Ingrid Biedenkopf, Frau des sächsischen Ministerpräsidenten Kurt Biedenkopf (CDU), soll angeblich mit bis zu fünf Millionen Mark (2,56 Millionen Euro) als stille Gesellschafterin am umstrittenen Paunsdorf-Center in Leipzig beteiligt gewesen sein.
Das berichtete die "Bild"-Zeitung am Samstag unter Berufung auf Äußerungen des früheren Chefs im Leipziger Liegenschaftsamt, Norbert Steiner. Steiner, der im August vom Paunsdorf-Untersuchungsausschuss des Landtages vernommen wurde, will das von "Vorgesetzten aus dem Finanzministerium" erfahren haben. Die PDS forderte Ingrid Biedenkopf am Sonntag zu einer eidesstattlichen Erklärung auf. Sonst sei ihre Vernehmung vor dem Untersuchungsausschuss unvermeidbar.
Die "Bild"-Zeitung zitierte Steiner mit den Worten: "Nicht der einzige Fall, in dem Ingrid Biedenkopf dem Freistaat großen Schaden zugefügt hat. Aber das Finanzministerium hat mir verboten, über andere Projekte und Frau Biedenkopfs Beteiligung zu sprechen". Vize-Regierungssprecher Hartmut Häckel dementierte die Anschuldigung: "Herr Steiner hat widersprüchliche und unbelegte Aussagen gemacht. Es gab keine Einwirkungen von Frau Biedenkopf auf die Paunsdorf-Entscheidungen." Dies hatte zuvor auch Ministerpräsident Biedenkopf deutlich gemacht.
Die CDU äußerte am Sonntag erneut "starke Zweifel" an Steiners Glaubwürdigkeit. Bei seiner Vernehmung vor dem Ausschuss habe er "sehr oft zu gleichen Vorgängen verschiedenartigste Varianten wiedergegeben". Seine Aussagen seien "einfach nicht belastbar". Das gelte auch für die behauptete Beteiligung von Frau Biedenkopf. Die PDS wies das zurück. "Wir haben keinerlei Zweifel an Steiners Glaubwürdigkeit", sagte der stellvertretende Ausschussvorsitzende, André Hahn der dpa. Steiner habe seine Aussagen sowohl vor dem Landeskriminalamt als auch vor dem Staatsanwalt und dem Untersuchungsausschuss gemacht. Hahn zufolge soll Ingrid Biedenkopf nun binnen 14 Tagen eidesstattlich erklären, dass sie zu keinem Zeitpunkt direkt oder indirekt an dem Bürokomplex beziehungsweise an Firmen zu dessen Errichtung und Vermietung beteiligt war. Andernfalls will die PDS ihre Vernehmung beantragen. Ein solcher Antrag wird wirksam, wenn drei Ausschussmitglieder zustimmen. Allein die PDS ist dort mit drei Abgeordneten vertreten.
Auch der SPD-Politiker
Karl Nolle hatte sich bereits für eine Vernehmung von Ingrid Biedenkopf ausgesprochen. Geladene Zeugen sind zum Erscheinen vor dem Ausschuss verpflichtet, dürfen aber vom Zeugnisverweigerungsrecht Gebrauch machen. Die Opposition sah nach dem Auftreten Steiners im Untersuchungsausschuss Biedenkopf schwer belastet. Laut Steiners Aussagen war Ingrid Biedenkopf in die Verhandlungen um die Vermietung des Bürokomplexes involviert. Steiner, der nach eigenem Bekunden 1994 ohne Grund aus dem Staatsdienst entlassen wurde, berichtete mehrfach von einem Telefonat zwischen dem früheren Abteilungsleiter im Finanzministerium, Michael Muster, und Frau Biedenkopf. In dem Gespräch habe Muster Ingrid Biedenkopf gesagt, dass mit den Mietvertrag "alles klar" gehe.
Der Untersuchungsausschuss soll klären, ob Ministerpräsident Biedenkopf oder andere Regierungsmitglieder auf die Vermietung des Bürokomplexes Leipzig-Paunsdorf unzulässig Einfluss ausübten. Das Center war von dem mit Biedenkopf befreundeten Unternehmer Heinz Barth im Landesauftrag errichtet worden. Die PDS geht davon aus, dass dem Land wegen ungünstiger Mietkonditionen Schaden in dreistelliger Millionenhöhe entstand. Biedenkopf und die CDU weisen das zurück.
dpa/sn su yysn hg
071232 Okt 01