Sächsische Zeitung, 13.10.2001
Aufpassen, sonst knallt‘s
Sächsisch betrachtet von Gunnar Saft
KLEINE Ursachen haben oft eine große Wirkung. Diese Erfahrung musste jetzt der Chef der PDS-Landtagsfraktion machen. Beim vorschriftswidrigen Wenden auf einer Dresdner Hauptverkehrsstraße verzichtete Autofahrer Peter Porsch nämlich auf den notwendigen Blick in den Rückspiegel. Das nahm ihn dann nicht nur die heran rauschende Straßenbahn, sondern vor allem seine Ehefrau übel. Von ihrem nebelgrauen Renault Clio, in dem beide unterwegs waren, blieb wenig übrig. Glück im Unglück: Alle Beteiligten, überstanden den Zusammenstoß glimpflich, nur auf den Clio wartet die Schrottpresse. Die 75 Mark Strafe, die der Unfallverursacher an die herbeieilende Polizeizahlen musste, sind aber als Lehrgeld gut angelegt. Der Politiker weiß nun, dass es im Leben Momente gibt, wo es sich lohnen kann, ein Wendehals zu sein.
MÄCHTIG geknallt hat es diese Woche auch anderswo. SPD-Chefaufklärer
Karl Nolle will erfahren haben, dass Kurt und Ingrid Biedenkopf ihre Steuern nicht in Sachsen, sondern in Nordrhein-Westfalen zahlen. Als ob es nicht egal wäre, ob sein Geld die Elbe oder den Rhein hinunter fließt, drohte der Landesvater erstmals mit seinem Anwalt. Außerdem fauchte er empört, die Sozialdemokratie sei mit Nolle endgültig „auf den Hund gekommen". Den schwergewichtigen SPD-Landtagsabgeordneten, der in guten Zeiten 120 Kilo auf die Waage bringt, schert Biedenkopfs Vorwurf aber nicht. Ob als Politiker oder als hechelnder Kläffer, selbst fabrizierte Schlagzeilen sind für Nolle halt immer ein gefundenes Fressen.
SATT wird auf diese Weise aber nur Nolle. Allen anderen Abgeordneten droht dagegen das Hungertuch, denn die privat betriebene Landtagskantine
macht zum Monatsende dicht. Der Pächter, gab auf, nachdem ihn eine Vorschrift jahrelang zwang, die Volksvertreter billig zu verköstigen. Mindestens ein vollwertiges Gericht musste auf den Speiseplan, das nicht mehr als 4,77 Mark kostete. Diese Rechnung wird nun ohne den Wirt gemacht, und die hungrigen Abgeordneten mit ihrer Monatsdiät von 7.712 Mark müssen aufpassen. Wenn das alles der Wähler erfährt, knallt es mächtiger als zwischen einem Clio und einer Tram. Vielleicht sogar so schlimm wie ständig zwischen Nolle und Biedenkopf.