Karl Nolle, MdL

Sächsische Zeitung, 19.10.2001

Verfassungsrichter rügen die Staatskanzlei

Miet-Affäre: Gerichtshof bekräftigt Informationsrecht des Abgeordneten Nolle
 
DRESDEN/LEIPZIG. Der SPD-Abgeordnete Karl Nolle hat gestern vor dem Verfassungsgerichtshof einen Punktsieg gegen die CDU-Regierung errungen. Um die Billig-Miete und das Dienstpersonal der Biedenkopfs ging es gestern in dem Prozess vor dem Gericht in Leipzig nur am Rande. Nolle hatte im Februar durch gezielte parlamentarische Anfragen die so genannte Miet-Affäre so richtig ins Rollen gebracht.

Damals antwortete die Staatskanzlei ausweichend oder gar nicht. Vor dem Verfassungsgerichtshof wollte der SPD-Politiker jetzt klären, ob die Regierung seine Auskunftsrechte verletzt hat. Er hatte sich insbesondere für die Miethöhe der Biedenkopf-Wohnung in der Schevenstraße und für die private Nutzung des Dienstautos interessiert.

Die Regierung habe die Fragen zum damaligen Zeitpunkt "nach bestem Wissen" beantwortet, verteidigte Jürgen Staupe, Abteilungsleiter im Justizministerium, gestern die Staatskanzlei. Das ganze Ausmaß der Misswirtschaft war in den darauffolgenden Monaten öffentlich geworden. Mit einer Nachzahlung von 122 808 Mark (62 790 Euro) im Juni kam Biedenkopf dann den Forderungen von Rechnungshof und Opposition wenigstens zum Teil nach.

Die Richter gaben Nolle jetzt bei einem Thema Recht. Bei der Frage, wie oft der Dienstwagen des Regierungschefs seit 1990 von Familienangehörigen genutzt worden sei, hatte die Staatskanzlei lediglich auf eine entsprechende Verwaltungsvorschrift verwiesen. "Das wäre so, als hätten sie betont, dass bei jeder Fahrt die Straßenverkehrsverordnung eingehalten worden sei", spottete Nolle. Er hätte gern die Fahrtenbücher gesehen.

Man habe damals vermutet, dass mit dem Wagen nicht nur die Enkel kutschiert wurden, sondern Ingrid Biedenkopf auch Friseur und Fußpfleger aufsuchte, sagte Nolle in der Verhandlung. Die neun Richter entschieden, die Regierung habe das Recht des Abgeordneten auf Information in diesem Punkt verletzt. Bei den Fragen zur Dienstvilla habe sich die Staatskanzlei dagegen korrekt verhalten. Zum damaligen Zeitpunkt habe die Regierung noch davon ausgehen können, dass die Miethöhe für die Schevenstraße korrekt bemessen worden sei.
(Karin Schlottmann)

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