Karl Nolle, MdL

Freie Presse Online, 19.10.2001

Verfassungsgericht gibt Klage gegen Staatsregierung in Teilen Recht

SPD und PDS: Urteil stärkt Rechte der Opposition
 
Leipzig (ddp-lsc). Der sächsische Verfassungsgerichtshof hat der Staatsregierung wegen ihrer Antwortpraxis in der Mietaffäre von Ministerpräsident Kurt Biedenkopf (CDU) die gelbe Karte gezeigt. Die neun Verfassungsrichter gaben am Donnerstag in Leipzig der Klage des SPD-Abgeordneten Karl Nolle gegen die Staatskanzlei in drei von fünf beanstandeten Punkten Recht. Der Sozialdemokrat hatte kritisiert, dass die Staatskanzlei in zwei kleinen Anfragen fünf der neun Punkte zur Miet-Affäre um Ministerpräsident Kurt Biedenkopf (CDU) gar nicht, ausweichend oder nicht nach bestem Wissen und Gewissen beantwortet hatte. Die Landtagsfraktionen von SPD und PDS werteten das Urteil als Stärkung der parlamentarischen Rechte. Dagegen sieht sich die Staatsregierung in den wichtigsten Fragen in ihrer Haltung bestätigt. Nolle hatte in den Anfragen Auskünfte nach der Nutzung von Dienstwohnung und Dienstwagen durch Biedenkopf und seiner Angehörigen gefordert.

Verfassungsgerichtshof-Präsident Thomas Pfeiffer wies in dem Urteil noch einmal ausdrücklich auf das in der Landesverfassung garantierte Informationsrecht der Abgeordneten durch die Regierung hin. Dieses Recht benötigten die Parlamentarier zur «Kontrolle der Regierung und der Verwaltung». Die Antwort auf Anfragen muss nach Ansicht des Gerichts «nach bestem Wissen und Gewissen vollständig» sein und alle Informationen enthalten, über die die Staatsregierung verfügt.

Das Gericht sah in der Anfrage zu Biedenkopfs Dienstwagen in allen drei von Nolle beanstandeten Punkten die Informationspflicht nicht erfüllt. Die Fragen wurden nach Pfeiffers Angaben ausweichend oder gar nicht beantwortet. Dies sah das Gericht als eine Verletzung der Abgeordnetenrechte des Sozialdemokraten an.

Die Klage gegen zwei Punkte in der Anfrage zur Dienstwohnung des Ministerpräsidenten wies das Verfassungsgericht dagegen zurück. Die Verfassung sei durch die Nichtbeantwortung nicht verletzt worden, argumentierten die Richter.

Der stellvertretende Regierungssprecher Hartmut Häckel sagte zu, dass die beanstandenden Fragen Nolles auf dessen Wunsch hin noch einmal nachträglich beantwortet würden. In der Anfrage zur Dienstvilla Biedenkopfs sehe sich die Staatsregierung dagegen bestätigt. «In dem wichtigsten Punkt hat das Verfassungsgericht der Staatsregierung Recht gegeben», sagte Häckel.

Nolle wertete das Urteil als Erfolg. Er habe sich in der Mehrheit der Punkte durchgesetzt. SPD-Fraktionschef Thomas Jurk und PDS-Fraktionsgeschäftsführer Andre Hahn bezeichneten den Spruch als Sieg für die demokratischen Rechte. (Quellen: Pfeiffer und Nolle im Gericht, Jurk und Hahn in Pressemitteilungen, Häckel auf ddp-Anfrage)

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