Lausitzer Rundschau, 24.11.2001
Neue Runde in Kurt Biedenkopfs Mietaffäre
Nun auch Sachsens Innenminister angezeigt
Der SPD-Abgeordnete
Karl Nolle lässt nicht locker. Nach Ministerpräsident Kurt Biedenkopf, Finanzminister Thomas de Maiziere, Ex-Innenminister Heinz Eggert hat er in der vergangenen Woche auch Innenminister Klaus Hardraht (alle CDU) wegen des Verdachts der Untreue bei der Dresdner Staatsanwaltschaft angezeigt.
DRESDEN. Es sind die Nachwehen der so genannten Mietaffäre Biedenkopfs vom Frühjahr diesen Jahres, die Nolle nicht ruhen lassen. Zwar sind die Biedenkopfs zwischenzeitlich längst aus einer Wohnung im Gästehaus der Staatsregierung ausgezogen und haben ihr neues Heim in Radebeul bezogen, aber Nolle hat nachgesehen, ob der Ministerpräsident auch wirklich die alten Rechnungen beglichen hat und meint dabei auf Unstimmigkeiten gestoßen zu sein. Es war Ende Mai, als ein Schlussstrich unter die ganze Mietaffäre gezogen werden sollte.
Für die Inanspruchnahme von Dienstpersonal wurden rund 98000 Mark und die private Nutzung von Fahrzeugen der Fahrbereitschaft durch Ingrid Biedenkopf 22000 Mark in Rechnung gestellt, so dass insgesamt 120000 Mark zu zahlen waren. Gleichzeitig war den Biedenkopfs ein neuer Mietvertrag angeboten worden. Doch Kurt Biedenkopf lehnte dankend ab, zahlte Mitte Juni 122000 Mark, also etwas mehr als die ursprüngliche Summe, und zog aus. Erst später war nämlich bekannt geworden, dass der Ministerpräsiden, auch für die ihm vom Landtag zugestandene Abgeordnetenmitarbeiterin eine Büromiete zu zahlen hatte, die mit etwa 15000 Mark beziffert wurde. Andererseits, so wird von der Staatskanzlei erklärt, habe die Überprüfung der Fahrtenbücher ergeben, dass der Betrag für die private Nutzung der Fahrbereitschaft durch Ingrid Biedenkopf, ursprünglich mit 22000 Mark veranschlagt, wesentlich niedriger, nämlich nur noch mit rund 8500 Mark anzusetzen sei. Hinzu kam noch ein geringer Betrag für die private Unterbringung von Familienangehörigen der Biedenkopfs. Jene 8500 Mark an Fahrtkosten für Ingrid Biedenkopf sind es, die nun mit fünfmonatiger Verspätung das Misstrauen Nolles erregen. Jene Summe von 8500 Mark teilt sich in 6700 Mark für ein Wirtschaftsfahrzeug des Gästehauses und etwa 1800 Mark für die Fahrbereitschaft des Innenministeriums.
Nolle aber mag nicht glauben, dass Ingrid Biedenkopf in mehr als sieben Jahren für nicht mehr als 1800 Mark die Fahrbereitschaft genutzt hat, um in die Prager Straße einkaufen zu fahren oder ihre Enkel vom Kindergarten zu holen. Der ursprüngliche Betrag von 22000 Mark sei interministeriell abgestimmt gewesen und habe der tatsächlichen Nutzung entspochen, sagt Nolle, der mutmaßt, dass die Zahlen manipuliert wurden, weil Biedenkopf nicht bereit war, mehr als jene 122000 Mark zu zahlen. Deshalb eine Anzeige gegen Hardraht, der Ingrid Biedenkopf einen ungerechtfertigten "Rabatt" von über 20000 Mark eingeräumt habe. In der Staatskanzlei herrscht wegen Nolle Verärgerung. Die Berechnungen seien nach bestem Gewissen erfolgt, sagt Regierungssprecher Michael Sagurna, der den Abgeordneten der Wichtigtuerei bezichtigt. Es gebe eben verschiede Möglichkeiten, auf sich aufmerksam zu machen. Eine hübsche Frau könne Dieter Bohlen heiraten, bei Nolle gehe das nicht.
(Ralf Hübner)