Karl Nolle, MdL

Dresdner Morgenpost, 27.11.2001

Biedenkopf ließ sich Vertrag von Investor Barth diktieren

Ein neuer Brief zum Paunsdorf-Zentrum
 
DRESDEN - Mit einem „Vermerk“ im Befehlston an den damaligen Finanzminister Georg Milbradt (CDU) setzte Ministerpräsident Kurt Biedenkopf (CDU) 1993 supergünstige Bedingungen für den Investor beim Bau des Behördenzentrums Leipzig-Paunsdorf durch. Jetzt kommt heraus: Der Text war von Investor Heinz Barth selbst diktiert.

Am 29. Juni 1993 schrieb Barth als Chef der Firma FTG an Biedenkopf präzise, zu welchen Bedingungen der Freistaat den geplanten Komplex anmieten soll und welche Behörden er dort untergebracht haben möchte. Zwei Tage später sandte Biedenkopf den Text fast wortgleich als Vermerk an Milbradt weiter. Geändert ist lediglich die Anrede. Wo Barth „Wir“ schrieb, setzte Biedenkopf den „Investor“ ein. Und ein Absatz wurde ausgelassen.

Der Barth-Brief findet sich in neuen Akten, die sein Anwalt erst kürzlich an den Untersuchungsausschuss des Landtags geschickt hatte, der die Paunsdorf-Affäre durchleuchtet. Das Konzept sicherte Barth jährliche Mieteinnahmen von gut 15 Millionen Mark aus der Kasse des Freistaats, und das über volle 25 Jahre. Der Vermerk war eine wesentliche Grundlage für den Verdacht, dass Biedenkopf seinem Freund Barth ungerechtfertigt Vorteile zu Lasten Sachsens verschafft habe.

Der SPD-Obmann in dem Ausschuss, Karl Nolle, kommentierte den Brief auf Anfrage der Morgenpost mit der Bemerkung: „Hier wird eindeutig dokumentiert, dass Biedenkopf ein williger Vollstrecker eines 400-Millionen-Geschäfts für einen Amigo ist." Noch eins geht aus Barths Originalbrief hervor: Dass der Leiter des Leipziger Liegenschaftsamts, Norbert Steiner, dem Geschäft im Wege sein könnte. Es sei eine Anweisung an Steiner erforderlich, die Mietverträge „zügig abzuschließen", schrieb Barth. Diesen Absatz übernahm Biedenkopf nicht in seinen Vermerk. Steiner wurde im Jahr darauf mit 54 Jahren gegen seinen Willen in den Ruhestand versetzt.
(Stefan Rössel)

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