MDR - Online Nachrichten, 28.11.2001
Paunsdorf-Geschäft auf sanften Druck Biedenkopfs?
DRESDEN. In der so genannten Paunsdorf-Affäre liegt weiteres belastendes Material gegen Ministerpräsident Biedenkopf vor. Die Nachrichtenagentur AP beruft sich auf einen Brief des Bauunternehmers und Freund Biedenkopfs, Heinz Barth, an den Regierungschef: In dem Schreiben vom 18. Dezember 1990 heißt es der Agentur zufolge, ein Herr Gormsen habe sich "sicher auf sanften Druck von Deiner Seite aus sehr für uns eingesetzt." Nach Informationen des PDS-Obmanns im Paunsdorf-Untersuchungsausschuss Hahn handelt es sich bei dem erwähnten Herrn um einen Mitarbeiter der Stadtverwaltung Leipzig.
Erst am Dienstag waren im Zusammenhang mit der Paunsdorf-Affäre neue Vorwürfe gegen Biedenkopf aufgetaucht. Die "Sächsische Zeitung" hatte berichtet, dass Biedenkopf offenbar fast wörtlich auf die Bedingungen des Investors des Paunsdorfer Bürozentrums, Heinz Barth, eingegangen sei. Die Zeitung berief sich dabei auf einen erst jetzt aufgetauchten Brief der Barth-Firma vom Juni 1993. In dem Brief nennt Barth nicht nur Behörden, die in dem Bürokomplex untergebracht werden sollten, sondern auch die Mietkonditionen mit Flächen, Preisen und Laufzeiten.
Biedenkopf der Bösewicht?
SachsenSpiegel
Nolle: Biedenkopf gab Bedingungen wortgleich an Finanzminister
Der sächsische SPD-Landtagsabgeordnete Nolle sagte, Biedenkopf habe sich selbst sehr belastet, in dem er die Bedingungen 1:1 an den Finanzminister weiterreichte. Nolle wirft Biedenkopf vor, sich nicht nur selbst belastet, sondern dem Land mit dem Geschäft Schäden in Millionenhöhe beschert zu haben.
Barth wollte das Gebäude nach 15 Jahren zum 15-fachen Jahresmietpreis verkaufen, mindestens aber zum 13-fachen. Das Mindestangebot ließ Biedenkopf einfach weg. Schaden ist laut Nolle auch deshalb entstanden, weil keine Ausschreibungen und damit auch keine Alternativangebote eingeholt worden seien. Die PDS-Fraktion will nun fordern, Biedenkopf noch einmal vor den Untersuchungsausschuss vorzuladen.
Sagurna: Brief beweist Biedenkopfs Unschuld
Die sächsische Staatskanzlei sieht den Fall ganz anders. Regierungssprecher Sagurna sagte, die Briefe seien erst recht ein Beweis dafür, dass sich Biedenkopf nicht in Details eingemischt hätte. Biedenkopf habe lediglich eine Meinung weitergeleitet. Sagurna kritisierte, dass Nolle offenbar den Barth-Brief an Journalisten weitergegeben habe.
Ausschuss untersucht Vorwurf der Amigowirtschaft
Der September 2000 gegründete Untersuchungsausschuss des Landtages soll herausfinden, ob Ministerpräsident Biedenkopf oder andere Regierungsmitglieder auf die Vermietung des Bürokomplexes in Leipzig Anfang der 90er Jahre unzulässig Einfluss ausübten. Das Center war von dem mit Biedenkopf befreundeten Kölner Bauunternehmer Barth errichtet worden. Die PDS geht davon aus, dass dem Land wegen ungünstiger Mietkonditionen ein Schaden in dreistelliger Millionenhöhe entstand. Biedenkopf und die CDU weisen das zurück.