DNN, 28.11.2001
Opposition sieht Biedenkopf in "zahlreiche Widersprüche" verstrickt
Regierungssprecher: Nur Informationen weitergereicht
DRESDEN. Als Regierungschef Kurt Biedenkopf (CDU) am 26. Februar vor dem Untersuchungsausschuss zum Behördenzentrum in Leipzig-Paunsdorf vernommen wurde, war für ihn die Sachlage klar: Niemals habe er auf das Zustandekommen des Großprojekts seines Duzfreundes Heinz Barth unzulässig Einfluss genommen; keinesfalls habe es schriftliche Kontakte zwischen ihm und Barth über die konkrete "Auflistung" der Behörden im Zentrum gegeben - nur über "die allgemeinen Vertragskonditionen".
Genau dies bringt den Regierungschef jetzt in die Kritik. Die beiden Obmänner im Untersuchungsausschuss,
Karl Nolle (SPD) und André Hahn (PDS), werfen Biedenkopf vor, Barth habe ihm die Mietkonditionen "diktiert". Dabei geht es um jenes Schreiben von Barth vom 29. Juni 1993 an den Regierungschef, in dem der Investor die Vertragsbedingungen samt Quadratmeterzahlen und Behörden akribisch auflistet (DNN berichtete). Am 1. Juli 1993 schickte Biedenkopf einen nahezu identischen Vermerk an den damaligen Finanzminister Georg Milbradt (CDU). Gravierender freilich ist ein anderer Punkt: Für Nolle steht fest, dass Biedenkopf den Ausschuss hintergangen habe, durch den Briefwechsel sei er "der Lüge überführt". Als Beleg verweist Nolle aufs Ausschussprotokoll. Auf die Frage, ob der Biedenkopf-Vermerk vom 1. Juli 1993 letztlich auf Barth zurückgehe, hatte der Regierungschef damals gesagt: "Nein, das ist ausgeschlossen". Auch Hahn sieht hier "zahlreiche Widersprüche" und forderte gestern schon mal vorsorglich, der Ministerpräsident müsse erneut als Zeuge vor dem Ausschuss erscheinen.
Rückendeckung bekam Biedenkopf unterdessen von der CDU-Fraktion. Es stehe zweifelsfrei fest, dass der Freistaat "die Wünsche des Investors gerade nicht 1:1 umgesetzt" habe, sagte CDU-Obmann Peter Jahr gestern. Auch Regierungssprecher Michael Sagurna wies die Vorwürfe zurück. Biedenkopf habe sich in seinem Schreiben nicht die Haltung von Barth zu eigen gemacht, sondern nur Informationen weitergereicht.
(Jürgen Kochinke)