DNN / LVZ, 01.12.2001
In der Paunsdorf-Affäre droht Biedenkopf weiterer Ärger
Neue Fakten zu einem alten Verdacht: Mehrere Briefe von Investor Barth belegen die Nähe zum Regierungschef / Dementis aus der Staatskanzlei
DRESDEN. Regierungssprecher Michael Sagurna war sichtlich aufgebracht. Zehn Jahre sei er nun im Amt, meinte er kürzlich in Dresden, und habe schon einige "Durchstechereien" erlebt. Aber das, was derzeit laufe, ärgere ihn besonders. Unseriös sei die Kritik an Regierungschef Kurt Biedenkopf (CDU), "diese selektive Beweisstreuung ist nicht in Ordnung".
Der Grund für den Unmut des Biedenkopf-Vertrauten sind neue Fakten zu einem alten Verdacht. Seit Monaten argwöhnt
Karl Nolle, der SPD-Obmann im Untersuchungsausschuss zum Behördencenter in Leipzig-Paunsdorf, dass die Megainvestition ein unlauteres Geschäft gewesen sei, zugunsten von Investor Heinz Barth, befördert von dessen Duzfreund Biedenkopf. Einflussnahme heißt das im Juristendeutsch, "Regierungskriminalität" nennt es Nolle. Mehrere aufgetauchte Briefe von Barth legen nun nahe, dass Biedenkopf sich stärker eingemischt hat als bisher behauptet.
Damit droht dem Regierungschef neues Ungemach. Da ist zum einen der Brief vom 29. Juni 1993. Akribisch listet Barth dort Quadratmeterzahlen und Vertragsbedingungen auf. Am 1. Juli 1993 schickt Biedenkopf einen nahezu identischen Vermerk an den damaligen Finanzminister Georg Milbradt (CDU) - und das, obwohl er vor dem Ausschuss behauptet hatte, es habe keinerlei schriftliche Kontakte zu Barth über Paunsdorf-Detailfragen gegeben.
Zusätzliche Fahrt erhält die Kontroverse durch zwei weitere Briefe. Im einen freut sich Barth am 18. Dezember 1990 über den "lieben Kurt-Hans", dass dieser sich "sehr für uns eingesetzt" habe; im anderen (12. November 1990) bringt der Investor einen "italienischen Freund und Nachbarn" ins Gespräch. Tenor: Auch der wolle investieren, Biedenkopf möge etwas unternehmen. Hinzu kommt Norbert Steiner. Der Ex-Chef des Leipziger Liegenschaftsamtes hatte angedeutet, auch Biedenkopf-Ehefrau Ingrid habe beim Paunsdorf-Deal mitgemischt - als stille Gesellschafterin.
Diese wehrt sich mittlerweile juristisch, und auch Biedenkopf schlägt zurück. Die Veröffentlichung von Interna aus dem Ausschuss - die Briefe also - sei rechtswidrig, und haltlos seien die Vorwürfe sowieso: Er habe sich die Vorgaben des Investors "nicht zu Eigen gemacht", sondern nur nachgefragt, wie der Stand der Dinge sei. Das mache er immer so, nicht nur bei Freunden wie Heinz Barth.
(Jürgen Kochinke)