Sächsische Zeitung, 08.12.2001
Abgeordnete streiten um Kurt und Ingrid
Premier Biedenkopf soll im Januar erneut aussagen / Vorladung seiner Gattin unklar
Im Streit um die weitere Zeugenvorladung zum Paunsdorf-Untersuchungsausschuss haben sich CDU-Vertreter und Opposition am Freitag einen bislang einmaligen Kampf um Verfahrensfragen geliefert. Beobachter der turbulenten Ausschusssitzung sprachen im Anschluss von "einem Stück aus dem Tollhaus".
Die erwartete Entscheidung über eine Vorladung von Ingrid Biedenkopf kam nicht zustande, weil sich beide Seiten nicht einigen konnten, ob eine notwendige Stellungnahme des juristischen Dienstes des Landtages den Ausschussmitgliedern schriftlich vorliegen muss oder vor Ort lediglich verlesen werden darf. Die CDU bestand auf einem Schriftstück, was weitere Verzögerungen bedeutet hätte. Zusätzlich wurde ein externes Gutachten beantragt. Die Vertreter der Opposition verließen daraufhin aus Protest die Sitzung. Nachdem die CDU damit das dritte Mal eine Vorladung verhindert habe, werde man jetzt eine Verfassungklage einleiten, kündigte PDS-Obmann André Hahn an.
Vor diesem Eklat hatte bereits ein spitzfindiges Tauziehen um eine erneute Vorladung von Kurt Biedenkopf stattgefunden. Völlig überraschend wurde diese von den CDU-Vertretern beantragt. Eine Einigung mit der PDS scheiterte aber zunächst am SPD-Vertreter
Karl Nolle, der gegen den CDU-Antrag stimmte. Nun muss der Ausschuss in der kommenden Woche zu einer Sondersitzung zusammenkommen. Weil für diesen Fall nicht mehr Einmütigkeit vorgeschrieben ist, dürfte der Antrag mit Verspätung angenommen werden. Ministerpräsident Kurt Biedenkopf wird demnach am 10. Januar gehört werden. Die CDU begründete ihr Vorgehen mit der jüngsten Veröffentlichung von Ausschussunterlagen im Internet. Der Ministerpräsident solle die Möglichkeit erhalten, dazu Stellung zu nehmen. Der Ausschussvorsitzende Andreas Hahn (CDU) hat wegen der Veröffentlichung des Materials inzwischen Strafanzeige gegen Unbekannt gestellt.
Nachdem die Opposition die Sitzung verlassen hatte, kam es zu einer letzten Überraschung. Der immer noch anwesende Vertreter des juristischen Dienstes erklärte laut Peter Jahr (CDU), dass die ebenfalls von der PDS beantragte Vorladung des sächsischen Generalstaatsanwaltes Jörg Schwalm unzulässig sei.
(von Gunnar Saft)