BILD-Zeitung Dresden, 14.12.2001
Kurt Biedenkopf spaltet die Union
Erste Parteifreunde fordern Biedenkopfs Rücktritt
DRESDEN. Mit Spannung wird heute die aktuelle Stunde im Sächsischen Landtag erwartet. Thema: „Der Ministerpräsident und die Wahrheit“. Die SPD will Kurt Biedenkopfs „Lügen im Untersuchungsausschuss schonungslos aufdecken".
Die Mehrheit der CDU-Fraktion war gestern zwar noch der Meinung, dass Biedenkopf (71, CDU) nicht zum Rücktritt gedrängt werden soll; Biedenkopf müsse „erhobenen Hauptes" sein Amt übergeben können. Aber in einer Sondersitzung kam es bereits zum Eklat: Vier Parteifreunde forderten den seinen sofortigen Rücktritt.
Kurt Biedenkopf spaltet die Union
Sachsens Ministerpräsident Kurt Biedenkopf (71, CDU) - der Druck aus der Fraktion wird Immer stärker. Gestern kam es sogar zum Eklat im Landtag.
„Milbradt hat Biedenkopf heute Morgen zum Rücktritt aufgefordert", verbreitete Fritz Hähle (59), CDU-Fraktionschef und Biedenkopf-Verbündeter, auf den Landtagsfluren über ein morgendliches Treffen zwischen beiden. „Doch der Ministerpräsident hat das abgelehnt." So wurde der neue Parteivorsitzende Georg Milbradt (56) zum Königsmörder abgestempelt, im Ansehen beschädigt.
Als Milbradt das hörte, stapfte er wütend zu Hähles Platz im Plenum: „Haben Sie das gesagt?" fauchte er den Fraktionsvorsitzenden an. Der nickte. Milbradt: „Jetzt reichts!" Und dampfte ab.
Kurz darauf wurde zur Fraktions-Sondersitzung mit Anwesenheitspflicht geladen. „Da ging es hart zur Sache sagte anschließend ein Teilnehmer. Es haben zwar auch noch ein, zwei Abgeordnete zugunsten Biedenkopfs geredet. Aber sonst, gab es reichlich Contra."
Milbradt soll energisch aufgetrumpft haben. Monatelang habe er sich alle möglichen Gemeinheiten von Biedenkopf und seinen Leuten gefallen lassen, ohne ein Wort zu sagen. Jetzt sei Schluss. damit.
Milbradt: „Ich habe dem Ministerpräsidenten heute Morgen einen Rat gegeben. Er habe Rat bitter nötig. „Aber es war ein vertrauliches Vier-Augen-Gespräch, das niemanden sonst etwas angeht. Es ist eine Schweinerei, dass es weiter getragen wurde!"
Daraufhin forderten die CDU-Abgeordneten Volker Schimpft (471, Veronika Bellmann (4 ) und Steffen Heitmann (57) den sofortigen Rücktritt Biedenkopfs. CDU-Generalsekretär Herrmann Winkler (38) schloss sich der Forderung an: „Ich habe keine Lust im Bundestagswahlkampf mit den Bundespolitikern durch Sachsen zu ziehen und die Leute reden nicht über die missglückte
rot-grüne Wirtschaftspolitik sondern über die Petitessen unseres Ministerpräsidenten." Damit spielte er auf die Skandale und Schnorrerei des MP an.
Die Sitzung wurde unterbrochen, soll heute fortgesetzt werden. Dann nimmt Biedenkopf auch wieder teil. Er war gestern bei der Krisensitzung nicht dabei.
Heute will sich Biedenkopf in einer aktuellen Stunde zum Thema „Der Ministerpräsident und die Wahrheit" äußern. Die Opposition wirft ihm vor, er habe den Landtag belogen.
Wird der MP zurücktreten? Regierungssprecher Michael Sagurna (45): „Der Ministerpräsident wird nicht zurücktreten - jetzt jedenfalls nicht!"
(Dieter Schlüter)
Hat sie ihrem Mann mehrfach geschadet?
Ingrid Biedenkopf (70) ist die einflussreichste Politiker-Ehefrau Deutschlands! Das Paar ist seit 1979 verheiratet.
Als einzige Ministerpräsidenten-Gattin verfügt Ingrid über ein eigenes staatliches Büro mit drei Mitarbeitern (kostet 300 000 Mark/Jahr).
Enge Biedenkopf-Freunde sagen: Sie hat ihrem Kurt schon mehrfach schwer geschadet!
• Rabatt-Affären: Ingrid sei die treibende Kraft hinter seiner Schnäppchen-Leidenschaft (Ikea, Karstadt).
• Ingrid soll ihrem Kurt vor einem Jahr geraten haben, den hoch angesehenen Finanzminister Georg Milbradt zu feuern. Sie verabscheue dessen hemdsärmelige Art. Mit Milbradts Rauswurf fing Biedenkopfs Absturz an!
Hat ihn sein bester Freund ausgenutzt?
Der millionenschwere Immobilien-Kaufmann Heinz Barth 75) aus Köln ist Biedenkopfs bester Freund.
Ihm hat Biko die Paunsdorf-Affäre zu verdanken. Ein Barth-Brief vom 29. Juni 1993 an den Ministerpräsidenten ist Gegenstand des Paunsdorf-Untersuchungs-Ausschusses. In ihm erläutert Barth seine Mietvorstellungen für den Behörden-Komplex. Biko ließ den Brief fast wortgetreu als Anweisung an das Finanzministerium weiterreichen. Ein Deal, der Barth sichere Einnahmen auf 25 Jahre garantiert. Rund 400 Millionen Mark! Und dem Freistaat einen geschätzten Schaden von 100 Millionen Mark.
Biedenkopf: „Ich wünschte mir 100 solcher Freunde.„ Dann hätte er vielleicht noch 100 Probleme mehr...
(BILD-Zeitung)