Karl Nolle, MdL

Sächsische Zeitung, 06.06.1998

Arbeiten statt schimpfen

Dresdner Bürger greifen zur Selbsthilfe und gründen Verein zur Kulturförderung
 
DRESDEN. Die Schmerzgrenze ist erreicht. Wie oft haben Dresdner Theaterintendanten, Orchesterchefs und Museumsleiter schon so gestöhnt? Wie oft haben sie händeringend um Zuschüsse gebettelt, wie oft vor weiteren Einsparungen gewarnt? Genützt hat es nichts. Das Stadtsäckel blieb so bescheiden wie das Kulturinteresse jener, die es festhalten. Man kann sich irgendwann damit abfinden. Man muß sich nicht damit abfinden. Zwölf Dresdner suchten nach einer anderen Idee. In dieser Woche gründeten sie eine "Bürgergesellschaft für Kulturförderung e. V.". Hilfe zur Selbsthilfe. Arbeiten statt schimpfen. Organisieren von Geld, Kunst, Publikum. Es ist ein Versuch. 240 Mark im Jahr ist er jedem Vereinsmitglied wert. In anderen Städten gibt es das nicht.

Ermutigung auch für die kleinen Gruppen

Die zwölf Dresdner vertreten unterschiedlichste Berufsgruppen aus Kultur und Wirtschaft. Volker Arnold, Geschäftsführer der "Herkuleskeule", hat den Verein mit gegründet: "Wenn sich Staat und Stadt von ihren Pflichten zurückziehen, dann müssen die Bürger einspringen!" Die Architektin Marlies Heyl engagiert sich, weil sie meint: "Wenn man's nicht selber in die Hand nimmt, bewegt sich nichts - oder in die falsche Richtung." Sie will sich in der "Bürgergesellschaft" vor allem für basisnahe Kultur einsetzen, "für kleine Gruppen, die oft keine Lobby haben und trotzdem gut sind". Karl Nolle, Chef des Druckhauses Dresden, hat den Vorsitz im neuen Verein: "Die Zeit des Wohlfahrtsstaates und der vollen Kassen ist vorbei. Doch es fehlt ja nicht nur am Geld. Kultur und Bildung haben ihren Stellenwert für die Politik verloren. Daß Kultur ein wichtiger Teil unseres Lebens ist außerhalb der Erwerbsarbeit, diese Erkenntnis scheint abhanden zu kommen."

"In unserem Land mit "öffentlicher Armut" gibt es zugleich großen privaten Reichtum", sagt Karl Nolle. Er schwärmt von Unternehmern, die sich wie er für Kunst interessieren, die Vergnügen am Mäzenatentum finden und Mitarbeitern als Prämie Theaterkarten schenken. Umdenken sei nötig, ein anderes Bewußtsein. Manchmal klingt es ein wenig nach Kultur- und Bildungsplan. Dazu bekennt er sich gern.

Die "Dresdner "Bürgergesellschaft" will zwischen Wirtschaft und Kultur vermitteln und zwischen den Kulturinstituten. Kommunikation heißt das Zauberwort. Netzwerk. Bisher kämpfen Einrichtungen und Gruppen meist allein vor sich hin und wohl auch mal gegeneinander beim Gerangel um Fördertöpfe. Es fehlen häufig die Mittel und mitunter das Können, um wirksam zu werben. Plakate werden zum Glücksfall. "Beim Geld für Öffentlichkeitsarbeit wird zuerst gekürzt", sagt Volker Arnold von der "Herkuleskeule". Der Verein will deshalb in Dresden eine "Koordinierungsstelle für übergreifendes Kulturmarketing" schaffen. Eine ähnliche Idee hat es schon einmal gegeben. Sie wurde mit dem damaligen Kulturdezernenten verworfen. Die Idee wurde deshalb nicht schlechter.

Stiftung für Kunst und Kultur

Noch wissen die meisten Dresdner Institute nichts von den Plänen. "Aber sie klingen sehr gut", sagt Karin Madel, Verwaltungschefin am Theater Junge Generation. "Unser Theater hat selbst einen Verein, der intensiv und engagiert arbeitet, er sucht dringend die Verbindung zu Partnern." Auch Dresdens Kulturbürgermeister Jörg Stüdemann freut sich über die Initiative. "Je mehr Leute sich mit Spaß für eine Sache engagieren, desto besser." Erste Gespräche gab es bereits. Im Herbst will die "Bürgergesellschaft" mit konkreten Projekten beginnen. Der kleine "Kulturkalender für Dresden", der monatlich über Theater, Konzert, Kunst informiert und von den Bühnen finanziert wird, soll diese nichts mehr kosten und vom Verein herausgegeben werden. Tourismusinstitute sollen einbezogen werden. Alle Bemühungen sollen schließlich münden in eine Kultur-Stiftung für Dresden. Wenn es gelingt, wäre es ein großes Unterfangen.
(Karin Großmann )

Karl Nolle im Webseitentest
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