Karl Nolle, MdL

Freie Presse - Online, 16.01.2002

Biedenkopf übt vor dem Abschied den Abstand zum Zwist

Sachsens Ministerpräsident genießt die positiven Umfragewerte – PDS schießt gegen Milbradt, Nolle und Jurk
 
DRESDEN. Einen Tag, bevor er das Geheimnis seines Rücktrittstermins lüften will, präsentierte sich ein aufgeräumter Kurt Biedenkopf seinem Kabinett. Der nahe Abschied und die Prestige-Erfolge, die er in den letzten Wochen verbuchen konnte, mögen die Stimmung positiv beeinflusst haben. Vielleicht auch das Ergebnis einer Emnid-Umfrage von November/Dezember 2001. Danach äußerten von 1000 befragten Sachsen immerhin 64 Prozent ihr Einverständnis mit der Politik des Ministerpräsidenten. Schlechter sieht es dagegen für die sächsische CDU aus. Sie liegt bei der so genannten „Sonntagsfrage“ bei 43 Prozent, die PDS bei 25, die SPD bei 18 und die FDP bei 5 Prozent.

“Über solche Zustimmungswerte wären andere Ministerpräsidenten ohne solche Demontage-Versuche froh“, befand CDU-Fraktionschef Fritz Hähle. Den Verlust der absoluten Mehrheit seiner Partei sieht er als Durchhänger, wie er in früheren Jahren noch krasser ausgefallen war. Heute wird Hähle kaum vor eine Überraschung gestellt werden, wenn Biedenkopf den Zeitpunkt seines Abschieds bekannt gibt. Sollte er im April liegen, könnte der Nachfolger in der Landtagssitzung am 18./19. April gewählt werden. Die CDU wird bis dahin intern die Weichen stellen müssen. In einer Klausurtagung des Landesvorstandes in Oberwiesenthal klammerte Parteichef Georg Milbradt das heikle Thema bewusst aus. Vergeblich hatte er versucht, mit Matthias Rößler einen Gefolgsmann mit der Leitung des Fachausschusses für Zukunftsfragen durchzusetzen. Rößler zog die Kandidatur zurück, nachdem er spürte, dass das schlechte Ergebnis bei seiner Wahl zum Milbradt-Stellvertreter kein Zufall war.

Biedenkopfs bisher einziger Nachfolge-Kandidat wird mittlerweile von der Opposition in die Zange genommen. Die PDS will den Ex-Finanzminister erneut vor dem Paunsdorf-Ausschuss vernehmen lassen. Ausgerechnet die Aussage von Biedenkopf vor dem Ausschuss soll Anlass zu dem Comeback liefern. Das dürfte ebenso politischem Aktionismus-Denken entspringen wie eine neuerliche Anzeige des SPD-Fachmanns fürs Grobe, Karl Nolle, gegen den Ministerpräsidenten. Die PDS bezeichnete dies als „dubiosen Zick-Zack-Kurs“. Erst habe er Biedenkopf von juristischer Verantwortung freigesprochen, dann zeige er ihn an.

Auch der SPD-interne Streit über Sinn und Unsinn der Forderung nach Neuwahlen im Anschluss an Biedenkopfs Rücktritt fordert süffisante PDS-Kommentare heraus. Dies fördere den Personenkult, von dem sich Sachsen gerade befreie, meinte Fraktionschef Peter Porsch. Parteichefin Constanze Krehl, die dem unrealistischen Vorstoß des Fraktionsvorsitzenden Thomas Jurk eine glatte Absage erteilt hatte, will heute in der Fraktion die Wogen glätten helfen. Beobachter bezweifeln indessen, ob zwischen Krehl, die rot-rote Bündnisse ablehnt, und Jurk, der sich als Realo profilieren will, noch dauerhaft ein Bündnis zu schmieden ist.
(Hubert Kemper)

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