umweltruf-ticker, 13.00 Uhr, 13.11.2002
Vertragsentwurf oder vollendete Tatsachen?
Sächsisches Innenministerium bezieht Stellung zur Konzessionsvergabe Luftrettung in der Region Leipzig
SPD-Landtagsabgeordnete Karl Nolle (SPD): Ich bin mir sicher, bei dieser Sache hat sich Innenminister Rasch (CDU) gründlich verhoben.
Der sächsische SPD-Landtagsabgeordnete
Karl Nolle hat eine parlamentarische Anfragen auf den Weg gebracht, er will vom Innenministerium wissen, warum die private Deutsche Rettungsflugwacht (DRF), die den Stützpunkt Leipzig ab 2003 übernehmen will, unzulässigerweise bevorzugt worden sei. Nach Angaben des ADAC habe dieser ein günstigeres Angebot eingereicht ( wir berichtete in unserer Wochenendausgabe). Jetzt hat der Sprecher des Dresdener Ministerium gegenüber dem UMWELTRUF Stellung genommen.
Das Innenministerium hat entschieden, dass ab 01.01.2003 die Deutsche Rettungsflugwacht e.V. (DRF) für vier Jahre die Luftrettung am Standort Leipzig übernehmen soll. Ein entsprechender Bescheid ist an die erfolgreiche Bewerberin und die nicht zum Zuge gekommenen Mitbewerber versandt worden, teilt das Innenministerium auf Anfrage des UMWELTRUF mit. Details, so heißt es weiter, sollen auf dem verfassungsrechtlich verbriefte Weg dem Abgeordneten Nolle dargelegt werden. Das Ministerium will das Fragerecht des Parlamentes nicht dadurch aushöhlen, "indem wir von diesen an uns gerichtete Fragen den Medien vorab beantworten."
Nicht nur der ADAC hat geklagt. Eine weitere Klage ist anhängig.
Nicht eine Klage sei gegen die geplante Vergabe anhängig, heißt es weiter in der Antwort des Innenministeriums, sondern es seien inzwischen zwei Anträge auf vorläufigen Rechtsschutz beim zuständigen VG eingegangen. Das Innenministerium habe sich gegenüber dem Gericht bereit erklärt, mit der DRF bis zum 18.11.2002 keinen Vertrag abzuschließen. Gleichwohl beabsichtige das Innenministerium in Kürze mit der DRF einen öffentlich-rechtlichen Vertrag abzuschließen, der den Auftrag der Luftrettung in der Region Leipzig formell auf die DRF überträgt.
Die von Nolle geübte Kritik, das Verfahren sei nicht rechtmäßig abgelaufen, so der Pressesprecher des Sächsisches Staatsministerium des Innern, Thomas Uslaub, sei haltlos. "Die DRF hatte für die Station Leipzig das günstigste Angebot abgegeben und nur deshalb wurden ihr Vertragsverhandlungen angeboten!"
"Weiterhin möchte ich vorsorglich darauf aufmerksam machen, dass in der aktuellen Auseinandersetzung auch einige Dinge verdreht werden", tritt Uslaub den Behauptungen des Abgeordneten entgegen. "So ist es falsch zu behaupten, dass von uns vollendete Tatsachen geschaffen worden sind. Dem Bescheid von Ende Oktober folgte am 05.11.2002 morgens die Anordnung der sofortigen Vollziehbarkeit, nachmittags ging per Fax der Vertragsentwurf an die DRF >>zur Durchsicht<<" und unterzeichnet sei der Vertragsentwurf schon gar nicht gewesen. Dieses Vorgehen sei durchaus korrekt, verlautet aus dem Rasch-Ministerium.
"Die Übersendung des Vertragsentwurfes beruhte auf dem Bescheid, der vollziehbar war (... und ist). Darüber hinaus haben wir eine auflösende Bedingung vorgesehen für den Fall, dass seitens der Gerichte rechtskräftig festgestellt wird, dass unsere Auswahlentscheidung rechtswidrig war. Die Rechte der Konkurrenten sind also gewahrt. Darüber wissen diese auch Bescheid, da wir dies bereits in der Anordnung der sofortigen Vollziehbarkeit dargelegt haben."
Nolle sieht sein verfassungsmäßiges Recht durch Information gegenüber der Presse nicht ausgehöhlt
"Niemand hindert das SMI daran, schon jetzt, also vorfristig, die wahrheitgemäßen Antworten (auch gegenüber der Presse) zu geben", Karl Nolle gegenüber dem UMWELTRUF heute." Ich habe allerdings großes Verständnis, wenn das SMI sich mehr Zeit nehmen will, um plausibel festzustellen, wie es mit der Wahrheit in der Sache bestellt gewesen sein soll. Mein verfassungsmäßiges Recht wird nicht dadurch ausgehöhlt, dass das SMI ganz schnell, also schon jetzt auf Fragen der Presse antwortet. Da könnten einem Abgeordneten fast die Tränen kommen mit welcher fadenscheinigen Begründung das SMI sich gegenwärtig rausredet. Mit Verfassung hat das nichts zu tun. Die Antworten auf meine parlamentarischen Fragen müssen wahrheitsgemäß und nach besten Wissen und Gewissen abgeben werden. Dafür besteht eine Frist von vier Wochen."
Ich bin mir sicher, bei dieser Sache hat sich Innenminister Rasch (CDU) gründlich verhoben.
Aber auch die Aussage von Herrn Uslaub, die DRF hatte für die Station Leipzig das günstigste Angebot abgegeben und nur deshalb wurden ihr Vertragsverhandlungen angeboten, sei falsch, meint Nolle, wenn es stimmt, dass DRF im Bieterverfahren auf Veranlassung des SMI nachbessern durfte, die anderen Anbieter aber keine Gelegenheit bekamen. Entscheidend ist doch, auf welchem Wege letztendlich DRF zum günstigsten Angebot kam, rechtswidrig oder rechtlich einwandfrei? War alles sauber, war Korruption im Spiel oder wurden Angebote "bewußt" grob ermessensfehlerhaft geprüft, das ist doch der Kern meiner 17 Fragen. "Ich bin mir sicher, bei dieser Sache hat sich Innenminister Rasch gründlich verhoben."
Die gemeinnützige ADAC-Luftrettung GmbH hat durch die Presse den Sofortvollzug erfahren.
Gegen den Bescheid des SMI vom 28.10.02, der beim ADAC per Fax am 29.10.02 einging und am 31.10.02 offiziell zugestellt wurde, hat die ADAC-Luftrettung GmbH am 31.10.02 Klage eingereicht. Die im Bescheid genannte Einspruchsfrist beträgt einen Monat. Daher war zu diesem Zeitpunkt vorläufiger Rechtsschutz nicht erforderlich, zumal sich das SMI im Bescheid ein Widerrufsrecht des Bescheides vorbehält, falls bis zum 18.11.02 kein öffentlich-rechtlicher Vertrag mit der ausgewählten DRF aus Baden-Württemberg abgeschlossen wird, stellt jetzt der Geschäftsführer ADAC-Luftrettung GmbH, Friedrich Rehkopf, fest.
Nach dem er am Samstag, 02.11.02, von Pressevertretern erfahren hatte, dass das SMI die Anordnung sofortigen Vollzugs vornehmen würde habe er am Montag, 04.11.02 das SMI schriftlich gebeten die Mediennachricht zu bestätigen. Am Dienstag, 05.11.02, wurde per Fax der Sofortvollzug des Bescheides vom 28.10.02 durch das SMI angeordnet (offizielle Zustellung am 06.11.02). Hiergegen hat die ADAC-Luftrettung am 05.11.02 beim Verwaltungsgericht Leipzig um vorläufigen Rechtsschutz nachgesucht, berichtet Rehkopf auf Anfrage an den Abgeordneten Nolle.
Es sei dem ADAC auch bekannt geworden, so der Geschäftsführer, dass der gegenwärtige Betreiber der Luftrettungsstation Leipzig, die IFA, ebenfalls Klage und Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz eingereicht hat.
Natürlich schafft das SMI Fakten. Schon am 7.11.02 habe der Pressesprecher öffentlich bekundet "...der Vertragsentwurf sei zugesandt. Wenn die DRF ihn so akzeptiert, dann kann sie ihn unterschreiben", erinnert sich Karl Nolle.
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siehe auch unter
Karl Nolle,MdL, Presserklärungen: 17 Kleine Anfragen zur Luftrettung an die Staatsregierung!
http://www.umweltruf.de/ticker/news_druck.php3?nummer=3108