Karl Nolle, MdL

DNN, 28.02.2000

Interview mit Marlies Volkmer

Kernige Oppositionspolitik der SPD nötig
 
DRESDEN. Marlies Volkmer, Vorsitzende des SPD-Unterbezirks Dresden-Elbe-Röder,
im DNN-Gespräch
Kernige Oppositionspolitik der SPD nötig
"Ja, sind die denn schon um?" Dresdens neue SPD-Chefin Marlies Volkmer war verblüfft, als die DNN zum klassischen 100-Tage-Interview baten. Die Sozialdemokraten im Unterbezirk Dresden-Elbe-Röder hatten die 52-jährige Landtagsabgeordnete im November in einer Kampfabstimmung zur Nachfolgerin des langjährigen Vorsitzenden Manfred Müntjes gewählt. Im Gespräch mit DNN-Redakteur Stefan Alberti kündigte sie eine deutlichere Oppositionspolitik der SPD-Fraktion im Stadtrat an.

Frage: Sie sind mit der knappsten alle möglichen Mehrheiten gewählt worden, mit einer Stimme Vorsprung. Das sah nach einem Riss in der Partei aus. Haben Sie in ihren ersten 100 Tagen etwas kitten können?

Marlies Volkmer: Nach meinem Eindruck eigentlich schon. Es gibt gute Kontakte zur Region, etwa nach Gröditz, wo der Ortsverein jetzt sein zehnjähriges Bestehen gefeiert hat und wo auch viele Vertreter vom Unterbezirksvorstand dabei waren...

Sie aber nicht...

Ja, weil ich im Urlaub war.

Können Sie verstehen, dass das manchen Genossen sauer aufstößt? Ihr Vorgänger Müntjes hat dort seine Basis, und Sie hatten nach Ihrer Wahl angekündigt, gerade mit seinen Anhängern sprechen zu wollen.

Das kann schon sein, aber ich denke, dass man auch als Unterbezirksvorsitzende Anspruch auf Urlaub hat. Wenn Akzeptanz davon abhängt, ob ich an einem bestimmten Tag irgendwo bin, dann wäre mir das zu wenig. Da muss schon mehr dahinter sein: kontinuierliche Unterstützung.

Ihr Landtagskollege Karl Nolle hat gar keinen Hehl daraus gemacht, dass er sich als Königsmacher sieht. Einige Mitglieder sehen in ihm den eigentlichen starken Mann und heimlichen Vorsitzenden.

Na, stärker ist er ja bei seiner Größe und seinem Gewicht. Ernsthaft: Wenn man gegen einen amtierenden Vorsitzenden antritt, geht das nicht aus dem Nichts heraus, ohne eine gewisse Unterstützung. Diese Unterstützung hat Karl Nolle sicher gemeint. Vom heimlichen Vorsitzenden habe ich noch nichts gemerkt.

Der UB-Vorsitz gilt als Kärrnerjob. Wie groß ist der Arbeitsaufwand?

Im Augenblick habe ich mit dem Unterbezirk mehr zu tun als durch meine Landtagsarbeit.

Ihre Stadtratsfraktion fährt keinen reinen Oppositionskurs. Es wirkt so, als ob sie zwischen CDU und PDS untergeht, auch die kleinere Grünen-Fraktion setzt sich mehr in Szene.

Wir haben wirklich ein Problem, das daraus resultiert, dass wir eine sehr kleine Fraktion haben, die nun wirklich eine kernige Oppositionspolitik machen muss. Auf der anderen Seite haben wir natürlich auch drei Bürgermeister, was fast eine gewisse Diskrepanz zur jetzigen Stärke der Fraktion ist. Ich denke schon, dass die Fraktion manchmal deutlicher machen muss und machen wird, dass sie durch den Wähler im Stadtrat eine ganz bestimmte Rolle zugewiesen bekommen hat - und das ist die Oppositionsrolle. Das ist für die Fraktion nicht so einfach, sie muss sich erst auf diese Situation einstellen, und ich glaube, dass man da schon ein paar Monate braucht.

Dumm für Sie, dass die CDU schon die dominierenden Themen besetzt - Verkehr oder Schulen. Da können Sie fast nur noch sagen: Wir holen die Dresdner auch aus dem Stau.

Die Zielbeschreibung ist doch immer so ungefähr gleich. Die CDU sagt zum Beispiel, dass ihr die Jugendlichen total am Herzen liegen - bloß aufmucken dürfen sie nicht, sonst wird da mit eisernem Besen ausgekehrt, sagt Herr Grapatin (CDU-Stadtrat und MdL, Anm. d. Red.)., Das ist eben der Unterschied: Wie einem was am Herzen liegt, und auf welche Weise man was tut und wo man Prioritäten setzt.

2001 sind die Oberbürgermeisterwahlen. Mit wem will die SPD ins Rennen gehen?
Das werden wir jetzt mit Sicherheit noch nicht bekannt geben.
Könnten Sie denn schon etwas bekannt geben, wenn Sie wollten?

Nein, wir sind derzeit bei Überlegungen. Im Vordergrund ist jetzt, dass die Fraktion im Stadtrat zu ihrer speziellen Oppositionsrolle findet. Wir können das nicht losgelöst von der OB-Kandidatur betrachten.

Dafür war mal Kulturbürgermeister Jörg Stüdemann im Gespräch. Ist er noch ein möglicher Kandidat?

Er ist sicherlich geeignet.
Marlies Volkmer / (Stefan Alberti)

Karl Nolle im Webseitentest
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