MDR - online.de, 16.12.2002
Unternehmen in Mitteldeutschland: Druckhaus Dresden trotzt Medienkrise
Von der Visitenkarte bis zum Bildband
Das Wort von der Medienkrise ist in aller Munde. Verlage und Druckbetriebe haben mit den Auswirkungen zu kämpfen - auch das Druckhaus Dresden. Dennoch konnte der Mittelständler seinen Umsatz steigern und plant neue Investitionen - denn schließlich will man weiterhin über die Grenzen Sachsens hinaus als technologieführend gelten.
"Die Druckindustrie hat sich in den letzten zehn Jahren mehr verändert als in den Jahrhunderten davor" - der das sagt, weiß, wovon er spricht. Seit 1991 teilt sich
Karl Nolle mit seiner Frau Christl Nolle in die Geschäftsführung des mittelständischen Unternehmens, das er vor 1991 in "konkursreifem Zustand" von der Treuhand übernahm.
Seither hat Nolle etwa 12,5 Millionen Euro in den Betrieb investiert - mit dem Ergebnis, dass das Unternehmen heute zu den innovativsten und modernsten Druckereien in Ostdeutschland zählt. Die Kundenliste reicht von A wie ADAC Sachsen bis Z wie ZDF-Programmdirektion; und dazwischen finden sich weitere erste Adressen, so etwa die Bundesbank und Volkswagen.
"Wir sind technologischer Marktführer in Ostsachsen" - Karl Nolle
Umsatz steigt, Bilanz ausgeglichen
Etwa 60 Mitarbeiter (darunter auch 5 Auszubildende) sind derzeit in den Bereichen Druckvorstufe, Offsetdruck und Buchbinderei beschäftigt; 2001 erwirtschaftete man einen Umsatz von 5,4 Millionen Euro, 2002 werden es 6,3 Millionen Euro sein. "Wir schreiben eine schwarze Null", fasst Nolle das Betriebsergebnis zusammen und verweist auf die ins Haus stehende Neuinvestition in Höhe von drei Millionen Euro: Anfang 2003 wird der traditionsreiche Radebeuler Druckmaschinenhersteller PLANETA eine ökozertifizierte 5-Farben-Maschine liefern.
Alles aus einer Hand
Nolle, bereits seit 1969 mit seiner Hannoveraner Druckerei SOAK im Geschäft, weiß, was die Kunden wollen: dass möglichst das gesamte Produkt an einem Ort gefertigt wird. Für ein Printmedium heißt das: Druckvorstufe, Druck und Bindung unter einem Dach.
Gedruckt wird auf der Bärensteiner Straße fast alles: Von der Visitenkarte bis zu Plakaten im A1-Format, von einfarbigen Broschüren bis zum anspruchsvollen Bildband; Papiere von 60 bis 800g/m² werden verarbeitet. Das Dresdner Stadtmagazin SAX (dessen Mitbegründer Nolle ist) gehört ebenfalls zur Produktpalette. Seit 2001 wird auch der weltweite Versand von im Haus personalisierten Sendungen angeboten.
"Wir arbeiten daran, das Drucken als durchgehenden Prozess zu verwirklichen", beschreibt Nolle die Firmenphilosophie: Nahezu voll digitalisierte Vorstufe bis zum Computer-to-Plate mit Trendsetter, der Druck mit Speedmaster-Maschinen hochautomatisiert und komplett CPC-gesteuert, die Weiterverarbeitung reicht von Falzen über Sammeln bis zur Klebebindung, Fadenbindung und Heftung.
"Damit sind wir technologischer Marktführer in Ostsachsen", sagt Karl Nolle, der es wissen muss. Denn nicht nur als wirtschaftspolitischer Sprecher der SPD-Landtagsfraktion tritt er in Erscheinung - er ist auch Vorsitzender des Verbandes der Druckindustrie für Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen. Doch hat auch die schöne neue Welt in Form des 100 Mega-Bit-Netzes, das das Haus an der Bärensteiner Straße durchzieht, ihre Tücken. Nolle sagt es bildhaft: "Wenn in der Druckvorstufe eine Maus hustet, schnupft der ganze Betrieb."
Mitarbeiterbeteiligung
Seit 1997 können Beschäftigte der Druckhaus Dresden GmbH Anteile am Unternehmen erwerben und auf diesem Wege "Mitunternehmer" werden. Mehr als die Hälfte nutzt bereits diese Möglicheit.
Modell der Mitarbeiterbeteiligung
Seit 1997 ist das DruckHaus eine Beteiligungs-GmbH. Konnten anfangs die leitenden Mitarbeiter Unternehmensanteile erwerben, so ist dies jetzt für alle möglich. Mehr als die Hälfte der Beschäftigten sind derzeit am DruckHaus beteiligt - Nolle nennt sie "Mitunternehmer" und bietet obendrein ein Sparkonzept an. Wer möchte, kann einen Teil seines Lohnes zinsgünstig anlegen. "So schaffen die Mitarbeiter Rücklagen für sich und höhere Liquidität für das Unternehmen", beschreibt Nolle die Beweggründe, die zur Einführung des Modells führten. Dass er als SPD-Landtagsabgeordneter nicht zuletzt für solch unkonventionelle Ideen den Titel "roter Kapitalist" trägt - Nolle hat nichts dagegen.
(Holger Oertel)
http://www.mdr.de/wirtschaft/unternehmen/458811.html