Karl Nolle, MdL

Deutscher Drucker Nr. 19, 20.05.1999

Druckindustrie in Sachsen, Thüringen, Sachsen-Anhalt

Wirtschaftslage trotz besserer Auftragssituation kompliziert
 
Auf ihrer Jahrestagung kürzlich in Wörlitz debattierten die Mitglieder des ostdeutschen Drei-Länder-Verbandes der Druckindustrie aktuelle Probleme der Branche, vor allem Anforderungen an die Betriebe als Dienstleister in der Informationsgesellschaft, wie Verbandsvorsitzender Karl Nolle erklärte, sowie neue Wege der Förderung kleiner und mittelständischer Unternehmen in Ostdeutschland.

Die Lage ist ernst, aber nicht hoffnungslos - so ließe sich das Ergebnis des jüngsten Arbeitstreffens des Verbandes der Druckindustrie Sachsen, Thüringen, Sachsen-Anhalt e.V. im anhaltinischen Wörlitz zusammenfassen. Trotz teilweise verbesserter Auftragslage, höherer Umsätze und steigender Produktivität sind die Probleme nicht geringer geworden. Die wirtschaftliche Situation im Verbandsgebiet ist nach wie vor unbefriedigend, die laufenden Tarifverhandlungen - durch viele Hausverträge wurde der Flächentarifvertrag praktisch bedeutungslos - die bisherige Wirtschafts- und Steuerpolitik der neuen Bundesregierung, strukturelle Veränderungen im Vorstufen- und im Druckbereich wie auch Konzentrationsprozesse in vielen Wirtschaftszweigen zeigen teilweise existenzgefährdende Wirkungen, so Verbandsvorsitzender Karl Nolle in seinem Vorstandsbericht. Es sei zwar gelungen, im letzten Jahr die Zahl der Auszubildenden nochmals um 20 % zu steigern, doch längst sei in einigen Feldern ein Facharbeitermangel spürbar, etwa bei Offsetdruckern oder mittleren Führungskräften.

Natürlich hat auch der Verband als Interessenvertreter der Branche seine Probleme. Von den rund 900 Druckbetrieben in den drei ostdeutschen Ländern (mit etwa 5 000 Beschäftigten) gehören ihm nur reichlich 180 (mit 1300 Beschäftigten) an. Doch der Verband bemüht sich in vielfältiger Weise, wie sein Geschäftsführer Dieter Neumann berichtete, dem Erfahrungsaustausch und Zusammenhalt in der Branche zu dienen: durch eigene Veranstaltungen, Seminare und Workshops, durch Mitarbeit in den Ausschüssen des Bundesverbandes Druck, durch Kooperation mit dem Landesverband Berlin-Brandenburg, durch die erst jüngst erfolgte Bildung eines Junioren-Arbeitskreises, durch betriebswirtschaftliche und juristische Beratung, durch Förderung von Aus- und Weiterbildung, damit möglichst jedes Mitgliedsunternehmen seine »Kompetenz für Medien« beweisen kann.

Debatte um Finanz- und Steuerpolitik

Einblicke in Vorhaben zum »Aufbau Ost« gab den Verbandsmitgliedern Staatsminister Rolf Schwanitz, Beauftragter der Bundesregierung für Angelegenheiten der neuen Länder. Anknüpfend an die erste Regierungserklärung von Bundeskanzler Gerhard Schröder vom 10. 11. 98, dass noch eine lange Wegstrecke des wirtschaftlichen Aufbaus Ostdeutschlands bevorstehe, versicherte Schwanitz, dass die Bundesregierung »die Zielgenauigkeit der Aufbau- und Fördermaßnahmen verbessern« sowie Existenzgründern mehr Beachtung schenken wolle; dazu gehöre die Stärkung der Forschungs- und Innovationskapazitäten für den Mittelstand sowie der Ausbau von Finanzierungsformen, die den besonderen Problemen ostdeutscher Unternehmen gerecht werden - deren Eigenkapitalbasis müsse verbessert werden. Das neue Fördermodell Inno-Regio gebe auch dem Druck-Verband die Chance, sich als Projektträger für leistungsfähige Betriebe zu engagieren. Im diesjährigen Arbeitsprogramm der Regierung seien ebenso die Sicherung der Nachsorge für ehemalige Treuhandbetriebe vorgesehen sowie insgesamt eine Wirtschaftsförderung Ost mit mehr Effizienz.

In der Aussprache brachten Verbandsmitglieder allerdings Unverständnis für einige Maßnahmen der Bundesregierung zum Ausdruck. Veränderungen bei den 630-Mark-Jobs, Kündigungsschutz und Lohnfortzahlung würden zwar den Arbeitnehmern Vorteile bieten, doch den Unternehmen brächten sie nichts, so Heinrich Schleppers (Bautzen) und Günter Wolf (Riesa). Die Ökosteuer führe nicht zur Entlastung der Unternehmen, meinte Werner Hauck (Leipzig). Und die Regelungen für geringfügig Beschäftigte führten nicht nur in Zeitungsverlagen und -druckereien zu Kündigungen in großer Zahl, berichtete Ulrich Roeske (Leipziger Verlags- und Druckereigesellschaft); nach seiner Ansicht habe die Regierung damit viel Verwirrung geschaffen.

Der Staatsminister bekräftigte in seiner Antwort die Standpunkte der Bundesregierung und teilweise der Gewerkschaft zu ökologischer Steuerreform, Lohnfortzahlung, geringfügiger Beschäftigung und damit verbundenen Fragen, konnte allerdings die anwesenden Druckunternehmer wenig überzeugen. Schwanitz unterstrich den Willen der Regierung, »die Dinge in die Hand zu nehmen« und forderte zugleich »mehr Eigenverantwortung der Unternehmen.«
»xmedial« als Innovationsprojekt begrüßt

Dass die Perspektive der Druckbranche mit dem Zauberwort Crossmedia, dem ausgabenneutralen Datenhandling aufbereiteter Texte und Bilder für unterschiedliche Medienplattformen, verknüpft ist, sich ostdeutsche Drucker dem Strukturwandel nicht verschließen, wurde in Wörlitz bei der Präsentation des neuen Innovationsprojekts der Druckverbände deutlich, das Geschäftsführer Neumann kommentierte (s. auch DD 16/99).

Den mit dem Gesamtprojekt verbundenen Unternehmens-Check-up zur Förderung der individuellen Medienkompetenz erläuterte Dr.-Ing. Michael Schaffner (BIOS media consulting, Wuppertal). Ausgehend von wirtschaftlichen Sorgen ostdeutscher Druckbetriebe könne ein Check-up eine betriebsindividuelle Diagnose ermöglichen und, als »Heil- und Vorsorgeplan«, zur kurz- oder langfristigen Unternehmenssicherung beitragen. Medienkompetenz bedeute ständige Beobachtung der Produkte und Potentiale, Strategie brauche Weitsicht und Mut, so Schaffner. Das xmedial-Projekt der Druckverbände unterstütze nicht zuletzt die Betriebe bei ihrer individuellen Stärken-/Schwächen-Analyse, beim beabsichtigten Einstieg in digitale Dienstleistungen und neue Medien, bei innerbetrieblichen Innovationsprojekten, Qualifizierung und Projektumsetzung.

Mit weiteren Fachvorträgen zur Psychologie des Verkaufens und zu betriebswirtschaftlichen Fragen wie Innovationsförderung sowie Steuerpolitik ging die Jahreshauptversammlung des Drei-Länder-Verbandes zu Ende. Im kommenden Jahr kann der in Leipzig ansässige Verband auf ein zehnjähriges Wirken zurückblicken; die nächste Tagung wird daher im Mai 2000 im Vogtland stattfinden.
(Hans Baier)

Karl Nolle im Webseitentest
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