SUPER-Illu Nr. 18, 24.04.2003
Zittern um 5 000 Jobs
Alarm in Dresden. Der Chiphersteller „Infineon” will Bereiche ins Ausland verlagern. SPD-Politiker Karl Nolle wittert Gefahr
DRESDEN. Alles nur ein Gerücht? Seit einigen Tagen haben die Abgeordneten im Sächsischen Landtag eine Sorge mehr: „Infineon“.
Hinter vorgehaltener Hand wird getuschelt, dass der Chiphersteller (Hauptsitz München) insgeheim plane, die Produktion ins Ausland zu verlagern. Für Dresden wäre das ein mittelschweres Erdbeben. Denn allein hier sind mehr als 5 000 Menschen bei Infineon beschäftigt.
Beim rührigen Landtagsabgeordneten
Karl Nolle läuten alle Alarmglocken. Der Wirtschaftspolitische Sprecher der SPD-Fraktion Nolle zu SUPER illu: „Meine Devise heißt, wehret den Anfängen. Und ich weiß definitiv, dass „Infineon“ plant, Geschäftsbereiche ins Ausland zu verlegen.“ Nachdenklicher fügt er hinzu: “Das wäre doch nichts Neues im Umgang mit Ostansiedlungen. Kaum ist das Fördergeld aufgebraucht und die so genannte Bindungsfrist abgelaufen, die vorschreibt, wie lange das Unternehmen mindestens am Ort bleiben muss, hat der Standort Ost für manches Unternehmen seine Anziehungskraft verloren. Dann zieht die Karawane weiter in Länder, wo Arbeit noch preiswerter zu haben ist. Ich denke, wenn von Regierungsseite weitere Steuervergünstigungen für Unternehmen abgeschafft werden, wird die Lage immer kritischer.“
Im Falle „Infineon“ schimpft Nolle: „Das Unternehmen hat hier insgesamt 800 Millionen Euro staatliche Subventionen bekommen. Und jede 30ste Mark, die der Freistaat an Fördergeld ausgibt, erhält „Infineon“ ebenfalls. Die dürfen das Geld doch nicht einfach einstreichen und verschwinden.”
Nachfragen bei der Geschäftsleitung des Branchen-Riesen in München. Firmensprecher Günter Gaugler (55) wiegelt ab: „Ich verstehe die Aufregung nicht. An den Gerüchten ist nichts dran.” Wirklich nur heiße Luft? Wir bohren noch mal nach. Gaugler nebulös: „Wir prüfen derzeit, ob der steuerliche Sitz der Firma in Ausland verlegt werden soll. Es geht dabei vor allem aber um die Verwaltung.“ Betroffen wären in diesem Fall rund 200 Mitarbeiter. Und das hieße für Deutschland: Wegfall der Steuervorteile für Deutschland. Wer aber wird künftig die Steuern einstreichen? Gaugler bestätigt lediglich: „Die Schweiz ist auch im Gespräch.” Aber was ist nun mit dem Standort Dresden? Der „Infineon“-Sprecher: „Dresden ist für uns bislang ein wichtiger Standort. Hier wird sich nichts ändern.“
Der SPD-Abgeordnete Nolle zweifelt: „Die Schweiz ist erst der Anfang. Wenn eine Firma um steuerlicher Vorteile willen unmoralisch erst ihren Sitz ins Ausland verlegt hat, werden alsbald auch die anderen Standorte wackeln.“
(SUPER-Illu)