Lausitzer Rundschau, 12.06.2003
Ein hartes Nachspiel zu Paunsdorf
PDS stellt Strafanzeigen gegen Milbradt und Biedenkopf
Nach dreijähriger Ermittlungsarbeit endet der Paunsdorf-Untersuchungsausschuss mit Strafanzeigen gegen Ministerpräsident Georg Milbradt und seinen Amtsvorgänger Kurt Biedenkopf (beide CDU). Die PDS-Fraktion kündigte gestern an, zusammen mit ihrer Stellungnahme zum Abschlussbericht des Ausschusses Mitte Juli die Staatsanwaltschaft einzuschalten.
Sie wirft dem früheren und dem heutigen Regierungschef Untreue zum Nachteil des Freistaates, Begünstigung und Beihilfe zur Steuerhinterziehung vor. Da der Ausschuss keine Sanktionsmöglichkeiten habe, bleibe nur die Strafanzeige, sagte gestern der Parlamentarische Geschäftsführer der PDS-Fraktion, André Hahn.
Die Arbeit des Untersuchungsausschusses, der im Frühjahr 2000 begann und am Montag seine letzte Sitzung abhält, habe nahezu alle Vorwürfe bestätigt, sagt Ausschuss-Vize Hahn. «Zum Teil wurden unsere schlimmsten Befürchtungen sogar noch übertroffen.» Dem Land entstehe durch den Bau, die Anmietung und den beabsichtigten Ankauf des Behördenzentrums in Leipzig-Paunsdorf ein Schaden von 118 bis 138 Millionen Euro. Der Betrag setze sich aus dem «völlig überhöhten Mietzins» , der unzureichenden Trennung von Haupt- und Nebenflächen, der Anmietung von Räumen ohne Bedarf, der ungewöhnlich langen Laufzeit des Vertrages sowie aus dem vereinbarten Ankaufspreis für das Gebäude zusammen.
Hauptnutznießer dieser «größten Verschwendung von Steuermitteln in Sachsen», so Hahn, sei der Biedenkopf-Freund und Investor Heinz Barth. Gegen ihn werde Anzeige wegen Steuerhinterziehung erstattet. Biedenkopf, der sich persönlich in die Vertragsgestaltung eingeschaltet hatte, habe immer für seinen Freund Barth und gegen die Interessen des Freistaates entschieden. Dazu zählen neben den Mietkonditionen auch der Verzicht auf eine Ausschreibung des Bauprojektes. Milbradt wiederum, damals noch Finanzminister, habe stets «als willfähriger Vollstrecker des Willens seines Kabinettschefs» agiert.
Die Staatsregierung reagierte gestern gelassen. Zu den Vorwürfen sei alles gesagt, so Regierungssprecher Christian Striefler. CDU-Obmann Lars Rower erklärte, die Anmietung des Behördenzentrums sei «völlig korrekt erfolgt» , dem Freistaat sei «kein Schaden entstanden» .
Diese Einschätzung werde die CDU-Fraktion auch in ihrem Abschlussbericht deutlich machen. Die Strafanzeigen seien nur eine populistische Aktion. SPD-Obmann
Karl Nolle befürchtet indes, dass die Anzeigen «schon im Vorermittlungsverfahren beerdigt» werden.
von sven heitkamp