Freie Presse Chemnitz, 13.06.2003
Weber Affäre: "Handeln zeugt nicht von Weitsichtigkeit"
CDU-Fraktionschef Hähle zum Fall Weber - "Frischer Wind" auf Kreisebene
Dresden. Die Rücktrittsempfehlung verpackt der CDU-Fraktionsvorsitzende in vorsichtige Worte. Christine Weber müsse selbst die Möglichkeit haben zu entscheiden, nimmt Fritz Hähle Rücksicht auf den nervlichen Zustand der, Sozialministerin. Die kritisiert er wegen „mangelnder Weitsichtigkeit" und räumt zugleich „Unverhältnismäßigkeiten" bei der Versorgung von Politikern ein. Mit Hähle sprach Hubert Kemper.
Freie Presse: Was unternimmt der Fraktionsvorsitzende im Fall Weber?
Fritz Hähle: Er versucht, Mitglieder der Fraktion vor Schaden zu bewahren, so weit das geht.
Freie Presse: Gelingt das noch?
Hähle: Hätte Frau Weber mich um meinen Rat gebeten, hätte ich von, manchem abgeraten. Wie der Fall politisch wirkt, hätte man vorher absehen müssen. Insofern zeugt das Handeln nicht von Weitsichtigkeit.
Freie Presse: Frau Weber hat in der Biedenkopf-Ära auch gegen Sie intrigiert. Genießt sie noch Ihren Schutz?
Hähle: Ich gehe davon aus, dass sie in dieser Situation überfordert und schwer krank ist. Man muss ihr die Möglichkeit geben, selbst zu entscheiden.
Freie Presse: Das Krisenmanagement der Regierung wirkt nicht professionell. Soll die Sozialministerin über die Pensionsgrenze gerettet werden?
Hähle: Wäre Frau Weber aus dem Westen gekommen und verbeamtet, so wäre sie gut versorgt, und kein Hahn hätte in dieser Situation gekräht. Aber ehemalige DDR-Bürger haben eine andere Biografie.
Freie Presse: Hat der Ministerpräsident um Ihren Rot gefragt? Hähle: Nein. Aber ich möchte nicht, dass Karrieren von Fraktionskollegen scheitern. Sollten sie jedoch scheitern, bin ich dafür, dass man menschlich mit ihnen umgeht. Ich bewundere den Ministerpräsidenten, der sonst häufig als harter Politiker charakterisiert wird, dass er Herz zeigen kann.
Freie Presse: Die Kritik an der Überversorgung von Politikern verstummt nicht. Halten Sie die Ohren zu?. Hähle: Wenn jemand ein Mandat annimmt, ist er in der Regel von einer beruflichen Karriere abgeschnitten. Das rechtfertigt eine angemessene Versorgung.
Freie Presse: Äuch eine lebenslange Pension für knapp vier Jahre Ministerzeit ohne eigene Beitragszahlung? Hähle: Ich räume ein, dass man Unverhältnismäßigkeiten abstellen muss. Das geht aber nur deutschlandweit.
Freie Presse: Der Frust über den Griff in die Diätenkasse ist kaum verklungen. Ist der allein regierenden CDU das Gespür für die Realität im Land verloren gegangen?
Hähle: Der Diätensprung war so hoch, weil wir einige Nullrunden hinter uns hatten. Sachsen liegt immer noch unter dem bundesdeutschen Mittelwert.
Freie Presse: Es wird ja auch von reicheren Bundesländern alimentiert.
Hähle: Deswegen gibt es auch Ostabschläge.
Freie Presse: Was halten Sie von leistungsgerechter Bezahlung im öffentlichen Dienst?
Hähle: Da stimme ich voll zu. Leistungsträger sollten angemessen honoriert werden. Das gilt auch für Minister.
Freie Presse: Sachsens Ministerriege fällt durch Leistungsträger und Mitläufer auf. Wie lautet Ihre Zwischenbilanz?
Hähle: Es gibt keinen Bruch zur Biedenkopf-Regierung. Milbradtlegt Wert auf Teamarbeit und hatte damit Erfolg.
Freie Presse: Als Parteivorsitzender hat sie der Ministerpräsident abgelöst. Spüren Sie den frischen Wind? Hähle: Ich bin CDU-Kreisvorsitzender und bemühe mich um frischen Wind. Mit den sechs Jahren als Laridesvorsitzender bin ich zufrieden. Die CDU hat tolle Wahlerfolge erzielt. Ich helfe der neuen Parteiführung gern, daran anzuknüpfen.
Freie Presse: Kleinere und größere Skandale,' gerade. im Regierungsbezirk Chemnitz, provozieren immer wieder Filz-Vorwürfe. Ist die CDU schon zu lauge an derMacht?
Hähle: Es geht nicht darum, wie lange man regiert, sondern dass man es gut macht. Und was die so genannten Skandale angeht: Bei uns wird nichts unter den Tisch gekehrt, Missstände werden gründlich aufgeklärt. So wird es bleiben.