junge Welt, 05.06.2003
Lästige Details: Den Biedenkopfs wird in Sachsen ein Denkmal gesetzt
Der König ist tot! Es lebe sein Angedenken! Nach diesem Motto ist wohl verfahren worden, als der Bürgermeister des 6000-Seelen-Städtchens Schlema im Erzgebirge, Konrad Barth (Freie Wähler), jüngst Sachsens ehemaligem Ministerpräsidenten Kurt Biedenkopf und seiner Frau Ingrid ein Denkmal setzte. Die Chemnitzer Freie Presse berichtete ausführlich über die sehr eigentümliche Entstehungsgeschichte des Denkmals. Die Biedenkopfs hatten sich für das kleine Erzgebirgsstädtchen, das im Deutschen Reich das fünftgrößte Radonbad besessen hatte, besonders eingesetzt. Laut Freie Presse wurden in den 90er Jahren 750 Millionen Euro in Schlema investiert, 150 Millionen allein in die Infrastruktur, »in das neue Kurbad flossen 30 Millionen Euro Fördermittel«. Bürgermeister Barth: »Das Ehepaar Biedenkopf war unsere Lobby. Sie haben an uns geglaubt, Werbung für uns gemacht.« Tiefer Dank dann auch auf der Spruchtafel am Gedenkstein: »Für Ingrid und Kurt Biedenkopf, die an das Schlematal geglaubt haben«.
Die Ära Biedenkopf ist durchzogen von zahlreichen Affären – mal zahlte er im landeseigenen Gästehaus quasi Sozialmiete, mal begünstigte er bei einem Bau im Leipziger Paunsdorf Geschäftspartner und Familienfreunde. Als der Bau vor der Pleite stand, sorgte Biedenkopf für einen Leasingvertrag, wonach die Landesregierung dort Räume zu stark überzogenen Preise anmietete. Mal von anderen Skandalen wie dubiosen Flugreisen abgesehen, mußte er den Ministerpräsidentensessel schließlich räumen, nachdem seine Frau im Dezember 2001 bei IKEA einen 15prozentigen Sonderrabatt einforderte.
All solch lästige Details dürften Schlemas OB Konrad Barth aber wenig interessiert haben, als er den Gedenkstein dann Ende Mai 2003 kostenlos herstellen und anliefern sowie mit Hilfe eines Freundes und von ein paar ABM-Kräften dann gleich noch einmauern ließ. Da soll mal einer sagen, in Schlema fände kein Aufbau Ost statt.
(Michael Winkler) www.jungewelt.de