Agenturen ddp-lsc, 17:06 Uhr, 01.07.2003
Sachsenring - Untersuchungsausschuss: «Rittinghaus für Rittinghaus»
Ex-Wirtschaftsminister Schommer beschuldigt einstigen Vorzeige-Unternehmer
Dresden (ddp-lsc). Ex-Wirtschaftsminister Kajo Schommer (CDU) hat vor dem parlamentarischen Untersuchungsausschuss zur Aufklärung der Sachsenring-Affäre den Spieß umgedreht. Zunächst wehrte sich der 63-Jährige während seiner Zeugenvernehmung am Dienstag vehement gegen den Vorwurf, mit dem einstigen Sachsenring-Vorstandschef Ulf Rittinghaus einen «Spendendealô eingegangen zu sein. Fünf Stunden nach Beginn seiner mehrmals unterbrochenen Aussage ging Schommer dann zum Angriff über und präsentierte dem Gremium eine plausibel klingende Version der Geschichte.
Nach dieser gibt es keinen Zusammenhang zwischen der Drei-Millionen-Mark-Spende von der Sachsenring Automobiltechnik AG (SAG) für die nach außen hin unabhängige Imagekampagne »Sachsen für Sachsenô und einer um vier Millionen Mark erhöhten staatlichen «Ausgleichssummeô für den Kauf der Dresdner Chipfabrik »Zentrum für Mikroelektronik« - sondern einen zwischen verschiedenen Unternehmensbeteiligungen von Rittinghaus. »Die SAG war das Geld los, nicht aber Ulf Rittinghaus und seine Freunde«, betonte Schommer. Rittinghaus hatte Schommer beschuldigt, ihm im Herbst 1998 das unlautere Tauschgeschäft vorgeschlagen zu haben.
Auch er habe lange gerätselt, warum Sachsenring sich im Herbst 1998 zur millionenschweren Finanzierung der Kampagne bereit erklärt habe, sagte Schommer. Ihm gegenüber habe Rittinghaus von einem Engagement sächsischer Unternehmer für den Freistaat gesprochen. Doch in Wahrheit habe der Firmenchef wohl in die eigene Tasche gewirtschaftet. Die Kampagne hätte den Namen »Rittinghaus für Rittinghausô verdient, fügte der Ex-Wirtschaftsminister süffisant hinzu und verwies darauf, dass Rittinghaus und sein persönliches Umfeld zu 95 Prozent an der Agentur «Wirtschaft. Medien. Politik» (WMP) beteiligt gewesen sei. Diese war an der Durchführung der Kampagne wesentlich beteiligt. Schommer zufolge kassierte sie mit 340 000 Mark immerhin mehr als ein Zehntel der Sachsenring-Millionen.
Schommer blieb auch vor dem Ausschuss bei seiner Darstellung, er habe Rittinghaus gegenüber «flapsig» von fünf Millionen für die CDU gesprochen. Dem sei vorausgegangen, dass Rittinghaus mit Verweis auf die gerade verloren gegangene Bundestagswahl gesagt habe, man müsse sich Sorgen machen um die Union. Rittinghaus habe dann jedoch selbst angekündigt, er wolle kein Geld geben, sondern plane eben jene Imagekampagne. Die Erhöhung der Ausgleichssumme für Sachsenrings ZMD-Kauf um 4 auf 29 Millionen Mark geht Schommer zufolge auf den immensen Druck von Rittinghaus zurück, der mit dem Abbruch der Verkaufsverhandlungen gedroht hatte.
Für Irritationen unter Ausschussmitgliedern sorgte zu Beginn der Sitzung, dass Schommer über Details vorhergehender Zeugenvernehmungen offenbar bestens informiert war. Zudem zog der einstige Ressortchef zu seiner Verteidigung Unterlagen heran, die den Abgeordneten nach Angaben von (SPD) zufolge nur eingeschränkt zur Verfügung stehen.
ddp/tmo/roy, von ddp-Korrespondent Tino Moritz