Karl Nolle, MdL

SZ-online, 09.08.2003

Nolle weist Staatsanwalt in die Schranken

Neuer Streit um Anklage gegen Ex-Banker Fischer
 
Dresden - Die neuerliche Anklage gegen den Ex-Banker Kurt Fischer gerät zum Streitfall. Am Samstag warf der SPD-Abgeordnete Karl Nolle dem Chemnitzer Oberstaatsanwalt Hartmut Meyer-Frey vor, schon vor dem Prozess nicht bewiesene Behauptungen öffentlich zu verkünden. Meyer-Frey hatte umstrittene Tonband-Aufnahmen in dem Fall auf das Jahr 2002 datiert und damit Fischer vorgeworfen, sich mit nachträglich hergestellten Aufzeichnungen entlasten zu wollen. Nach Auffassung des Parlamentariers Nolle lassen jedoch zwei Gutachten des Landeskriminalamtes Bayern einen solchen Schluss gar nicht zu. „Anstelle des Oberstaatsanwaltes wäre ich sehr vorsichtig mit Behauptungen, deren Wahrheitsbeweis ja erst Prozessgegenstand sein werden“, sagte Nolle.

Als Folge eines der spektakulärsten Kriminalfälle in Sachsen hatte die Staatsanwaltschaft Chemnitz am Donnerstag erneut Anklage gegen Fischer erhoben. Der frühere Sparkassenchef von Hainichen war 1996 wegen der geplanten Entführung des Mittweidaer Landrates Andreas Schramm (CDU) zu drei Jahren Haft verurteilt worden. Fischer bestritt die Vorwürfe stets und sieht sich als Opfer eines Komplottes. Die Strafe musste er absitzen. Im neuerlichen Fall geht es um versuchte Anstiftung zur Falschaussage und Nötigung. Auf Grund der Ermittlungen bestehe der Verdacht, dass Fischer den Privatdetektiv Rainer Kapelke finanziell unter Druck setzte, um ihn zu einer falschen Aussage zu veranlassen, teilte die Staatsanwaltschaft Chemnitz mit.

Der Ex-Banker wies das zurück. „In dem neuen Prozess sehe ich indirekt ein Wiederaufnahmeverfahren, bei dem ich aber unkorrekter Weise unter Strafandrohung stehe“, sagte Fischer auf Anfrage. Er wolle der Öffentlichkeit nun zeigen, mit welchem Mitteln das damalige Urteil von der sächsischen Justiz aufrechterhalten bleiben soll. Den Ermittlern warf er unter anderem Protokollfälschungen und die Vernichtung von Entlastungsmaterial vor.

Der Fall Fischer erregte auch außerhalb des Freistaates Aufsehen, weil das Landeskriminalamt (LKA) damals den ersten großen Großen Lauschangriff in Sachsen startete. 1996 kamen die Chemnitzer Richter zu der Auffassung, dass Fischer im Herbst 1995 mit Kapelke die Entführung des Landrates geplant hatte. Der Detektiv offenbarte sich aber der Polizei, die Fischer mit Tonbandmitschnitten überführte. Das Vorgehen der Ermittler blieb umstritten. „Gerichtlich festgestellt wurden damals zahlreiche und teils erhebliche Ermittlungspannen und Rechtsverstöße der sächsischen Strafverfolgungsbehörden“, sagte Nolle. Dazu gehöre das „unglaubliche Zugeständnis, dass die so genannten Erpresserbriefe vom LKA selber stammten. In einem der vorbereiteten Briefe wurde gedroht, dem Landrat bei Ausbleiben des Lösegeldes ein Ohr abzuschneiden.

Fischer, der wegen unterschiedlicher Auffassung über die Führung der Sparkasse mit dem Landrat in Zwist geraten war, hatte nach eigenem Bekunden noch vor seiner Verhaftung die Medien über „das gegen ihn gerichtete Komplott“ informieren wollen. 1998 wurde das Verfahren auf Betreiben des Ex-Bankers wiederaufgerollt. Doch auch das Zwickauer Landgericht bestätigte das Urteil von Chemnitz. Laut Fischer wurde der Tatbestand später vom Bundesgerichtshof lediglich als „Sich-Bereit-Erklären“ zum erpresserischen Menschenraub bezeichnet.
dpa

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