Karl Nolle, MdL

Druck & Medien Magazin 11-12/2000, Seiten 67 1.7.2000, 01.07.2000

Pluspunkte für zehn erfolgreiche Jahre

Jahrestagung des Verbandes der Druckindustrie Sachsen, Thüringen und Sachsen-Anhalt, 13. Mai 2000
 
Anlässlich der Jahrestagung des Verbandes der Druckindustrie Sachsen, Thüringen und Sachsen-Anhalt sprach unser Autor Hans Baier am Verbandssitz Leipzig mit dem Vorsitzenden Karl Nolle und dem Geschäftsführer Dieter Neumann.

D&M: In welchen Punkten sehen Sie nach zehn Jahren besondere Erfolge der Verbandsarbeit und wo steht der Verband heute?

Nolle: Einmal in der Tatsache, dass es im Wendejahr 1990 überhaupt gelang, einen solchen Interessenverband für die Druckbetriebe zu gründen, was übrigens gar nicht so reibungslos geschah, zum anderen darin, dass wir für die drei mitteldeutschen Länder einen gemeinsamen Verband für kleinere wie auch größere Unternehmen geschaffen haben. Das war nicht zuletzt ein Verdienst der alten Innungsobermeister, die auch vor der Wende Kontakt hielten und sich stark für den neuen Verband engagierten. Schließlich ist jener gewaltige Sprung vom Buch- zurr Offsetdruck, vorn Blei- zum Fotosatz, von teilweise handwerklicher Arbeit an alten Maschinen aus der Vorkriegszeit zu modernen leistungsfähigen Anlagen zu nennen, den unsere Mitgliedsfirmen - motiviert und beraten vom Verband - erfolgreich gegangen sind, wie jeder in der Branche heute sehen kann.

Neumann: Dabei will ich auch die vom Bundesverband Druck gegebene ideelle und materielle Unterstützung besonders in der Anfangsphase erwähnen; sie ermöglichte eine funktionierende Aus- und Weiterbildung, eine umfassende Information über neue Berufsbilder und Prüfungsbedingungen, das Zusammenwirken mit den Industrie- und Handelskammern sowie Handwerkskammern, anderen Behörden, den Berufsschulen in allen drei Ländern. So konnte die Druckbranche im Verbandsgebiet in den zurückliegenden drei Jahren die Anzahl der Ausbildungsplätze jeweils um 20 bis 40 Prozent und damit überproportional steigern. Mit derzeit etwa 190 Mitgliedsfirmen können wir durchaus sagen, dass die innovativsten Druckbetriebe dem Verband angehören ...

Nolle: ... und dass es trotz harter Wettbewerbssituation eine gute Zusammenarbeit unter Kollegen, eine Solidargemeinschaft gibt, dass die Betriebe beim Übergang von der Plan- zur Marktwirtschaft sehr schnell die richtigen Entscheidungen trafen - übrigens ein Wandel, der maßgeblich vom Verband mitgetragen wurde. Freilich darf man Probleme, Unterschiede zur Situation in den alten Ländern nicht übersehen, etwa in der Lohnpolitik, den Tarifverträgen, der Tatsache, dass nur etwa ein Fünftel der Unternehmen im Verband organisiert ist, dass durch "Wildwuchs", also Lohndumping und Preisdumping eine Schieflage am Markt entstanden ist, dass selbst die leistungsfähigsten Betriebe kaum Gewinne ausweisen können, dass angesichts der geringen Organisiertheit der Branche nur wenig Einfluss auf die Politik möglich ist, folglich noch Fördermittelprogramme nach dem Gießkannenprinzip funktionieren.

D&M: Wie begann damals, 1990, die Verbandstätigkeit?

Neumann: Gegründet wurde der Verband am 29. Mai 1990 in Zwickau vor allem durch die Initiative der damaligen Innungsobermeister des Buchdrucker-Handwerks aus Sachsen und Thüringen, und stellvertretend möchte ich von den Gründungsmitgliedern unseren späteren langjährigen Vorsitzenden Karlheinz Koch sowie Helmut Hofmann, Paul Heine, Hasso Brandt und Lutz Wolfram erwähnen. 88 Handwerksunternehmen gehörten zu den Gründungsmitgliedern, ein Jahr später waren es bereits etwa 220 Unternehmen. Der Verband ist nach der Mitgliederzahl einer der kleinsten, doch flächenmäßig einer der größten in der Bundesrepublik. In den drei Ländern hat er es teilweise mit unterschiedlicher Infrastruktur, verschiedenartigen Bedingungen zu tun, besonders begründet in länderspezifischen Rechtsentscheidungen oder auch Fördermaßnahmen der Länder; er muss Kontakt halten zu vielen Kammern und Behörden. Innerhalb des Verbandes versuchen fünf regionale Gruppen (drei in Sachsen, je eine in Thüringen und in Sachsen-Anhalt) auf differenzierte Interessen und Arbeitsbedingungen zu reagieren. Insgesamt ist das Zusammenwirken der Verbandsmitglieder jedoch problemlos; Ländergrenzen spüren wir nicht.

D&M: Worauf konzentriert sich der Verband im Drupa-Jahr und in nächster Zeit?

Nolle: In den zurückliegenden drei Jahren hat die Druckbranche einen weiteren großen Sprung gemacht in Richtung digitale Datenverarbeitung, und Druckbetriebe wandeln sich zu Medienunternehmen - eine Entwicklung, die auf der Drupa 2000 zweifellos noch deutlicher werden wird. Der Verband wird seine Mitgliedsbetriebe in dieser Entwicklungsphase weiterhin begleiten, ihnen technologisch, aber ebenso betriebswirtschaftlich das Rüstzeug vermitteln, um sich am Markt behaupten zu können. All dies erfordert erneut Umdenken, höhere Qualifikation des Unternehmers und seiner Mitarbeiter, weitere Spezialisierung der Betriebe als Dienstleister.

Neumann: Crossmedia wird das zutreffende Schlagwort der nächsten Zeit sein; xmedial als gemeinsames Innovationsprojekt der Druckverbände wird dabei mithelfen. Unser Verband will beispielsweise eine herstellerunabhängige Beratung für die Mitgliedsfirmen ermöglichen, so durch den Auftrag an das Sächsische Institut für die Druckindustrie (SID) für eine Studie zum digitalen Workflow in kleinen und mittleren Betrieben - sie wird vorgestellt zur Verbandstagung im Mai und konnte auch durch Fördermittel des sächsischen Wirtschaftsministeriums erarbeitet werden. Wir wollen unsere Mitglieder weiterhin unterstützen bei einer gut organisierten Aus- und Weiterbildung, ihnen konkrete Informationen geben und sie bestärken, strategische Allianzen für die nahe Zukunft zu bilden.

D&MM: Vielen Dank für das Gespräch.


Druckereikaufmann Karl Nolle (55), Geschäftsführender Gesellschafter der Druckhaus Dresden GmbH, im Verbandsvorstand seit 1993, Vorsitzender seit 1998
Diplom-Ingenieur Dieter Neumann (6o), im Verband tätig seit 1991, Geschäftsführer seit 1995

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