Karl Nolle, MdL

Leipziger Volkszeitung, 30.03.2000

PDS: Big Brother auf Internet-Seite der Regierung

Regierung weist Kritik an E-Mail-Plänen zurück
 
DRESDEN (dpa/ADN). Der sächsische PDS-Abgeordnete Heiko Hilker hat Pläne der Staatsregierung, auf ihrer Internet-Plattform "sachsen.de" allen Bürgern eine E-Mail-Adresse anzubieten, scharf kritisiert. Jeder Betreiber einer solchen Plattform könne den gesamten über sie laufenden Datenfluss registrieren, begründete der Medienexperte der Landtagsfraktion gestern seine Kritik. Hätte jeder Bürger Sachsens eine E-Mail-Adresse beim Server der Landesregierung, könnte diese direkt beziehungsweise über die von ihr beauftragte Firma erfassen und dokumentieren lassen, wer wann wie oft und mit wem in Kontakt steht.
Hilker forderte die Regierung auf, von entsprechenden Plänen Abstand zu nehmen und den Sachsen einen "staatlichen Big Brother" zu ersparen. Zwar werde jeder Mensch irgendwann einen elektronischen Briefkasten besitzen. Wichtig sei aber, dass der nicht staatlich verwaltet wird. Zugleich sprach sich Hilker für die Schaffung neuer Zugänge zum Internet aus, um mehr Bürgern als bisher die Teilnahme an diesem Medium zu ermöglichen. Dabei sei vor allem der öffentlich-rechtliche Rundfunk in der Pflicht. "Sicher ist, dass ARD und ZDF auf das digitale Zeitalter reagieren müssen", sagte Hilker.
Die SPD hingegen zeigte sich gestern über die Pläne der Staatsregierung erfreut. Zugleich bekräftigte der wirtschaftspolitische Sprecher der Fraktion Karl Nolle die Forderung, kostenfreie Internet-Terminals in den Einrichtungen des Freistaates und anderen Institutionen einzurichten.
Die Landesregierung hat die Datenschutz-Kritik der PDS in ungewöhnlich scharfer Form zurückgewiesen. Entsprechende Bedenken, wonach die Regierung Angaben über E-Mail-Kontakte erfassen könne, seien "dummes Zeug", sagte deren Sprecher Michael Sagurna.

Karl Nolle im Webseitentest
der Landtagsabgeordneten: