Karl Nolle, MdL

Leipziger Volkszeitung, 11.02.2000

Beratung gestern in Dresden über Zukunft Lausitz und Stadtwerke im Freistaat

Kein Schutz für Stromerzeuger
 
DRESDEN. Wirtschaftsminister Kajo Schommer (CDU) hat den Schutz sächsischer Stadtwerke vor Wettbewerb abgelehnt. "Davon halte ich überhaupt nichts", sagte der Minister gestern im Dresdner Landtag. Schommer räumte zwar ein, dass das neue Energiewirtschaftsgesetz zwangsläufig zu tiefen Einschnitten führe. Strukturwandel dürfe jedoch nicht als Bedrohung gesehen werden, sondern als Chance.
Die Stadtwerke besäßen auf einem liberalisierten Strommarkt "deutliche Vorteile" gegenüber ihren Konkurrenten. Diese bestünden vor allem in Kundennähe und Kundenbestand. Wettbewerb sei ein "Garant für Effizienz". Von sinkenden Strompreisen profitierten auch die Kunden der kommunalen Stromerzeuger, so Schommer. Gegenüber unserer Zeitung begrüßte er, dass keine "Quersubventionierung" zwischen Stromverkauf und öffentlichem Nahverkehr mehr möglich sei. Es sei im Interesse der Stromkunden, nicht verdeckt für Straßenbahnen und Busse zur Kasse gebeten zu werden.
Innenminister Klaus Hardraht (CDU) gab zu bedenken, dass auch das europäische Wettbewerbsrecht Umstrukturierungen bei den deutschen Stadtwerken erfordere. Es sei "nur eine Frage der Zeit", bis die EU die günstigeren Kreditbedingungen, von denen die Stadtwerke profitieren, beanstandet. Man müsse daher nicht nur den Wettbewerb akzeptieren, sondern auch prüfen, inwieweit der kommunale Wirtschaftsbereich sich für weitere Privatisierungen eigne.
Die Opposition aus PDS und SPD warf der Landesregierung vor, die Zukunft der Stadtwerke zu gefährden. Monika Runge (PDS) forderte, durch eine Änderung der Gemeindeordnung müssten die Stadtwerke gestärkt werden. Karl Nolle (SPD) warf Schommer vor, er zwinge die Kommunen in ihrer "Abwehrschlacht" gegen Billiganbieter Anteile an den Stadtwerken zu verkaufen.
Splitter
Konzentriert werden sollen die 26 Ämter zur Regelung offener Vermögensfragen in Sachsen nach dem Willen der Landesregierung an den drei Standorten Leipzig, Dresden und Chemnitz. Wirtschaftsminister Schommer (CDU) sagte, die rund 450 000 Anträge seien bei den Ämtern bereits zu 96 Prozent abgearbeitet.
Wortbruch vorgeworfen hat die CDU-Fraktion der Bahn wegen des verzögerten Einsatzes von ICE-Neigetechnik-Zügen auf der Sachsen-Magistrale. Die Deutsche Bahn wies die Kritik zurück. Für die Verzögerung bei der Inbetriebsetzung und Erprobung der neuen ICE-Flotte seien die Hersteller unter Federführung der Siemens AG verantwortlich.
Sorbenrat mischt mit

Der Landtag hat gestern erstmals einen fünfköpfigen Sorbenrat gewählt. Das Gremium muss künftig bei allen Entscheidungen mit einbezogen werden, bei denen es um die Rechte der 40 000 Angehörigen der sorbischen Minderheit in Ostsachsen geht. Dem Rat gehören nun Manfred Hermasch, Regionalsprecher des Verbandes Domowina aus Weißwasser, Peter Bresan, Vorsitzender des katholischen Vereins "Bratrowstwo", Benedikt Dyrlich, Chefredakteur der sorbischen Zeitung "Serbske Nowiny", Vinzenz Baberschke, Bürgermeister von Radibor, sowie Maria Michalk, Bautzener CDU-Kreisvorsitzende, an.
Ausgiebig wurde über den Schutz der Sorben und die Zukunft der Lausitz debattiert. Strittig ist die Schließung von zwei zweisprachigen Mittelschulen wegen des Schülerrückgangs. Die Opposition von SPD und PDS lehnt den geplanten Wegfall als kulturellen und sprachlichen Verlust sowie als Verfassungsbruch ab. Wissenschaftsminister Meyer warnte indes davor, die Region schlecht zu reden. Die Lausitz sei "weder Sumpfland noch Wüste".
Breite Zustimmung fand indes der CDU-Antrag, die Staatsregierung solle mit Firmen und Kommunen Konzepte erarbeiten, um die Lausitz "zu einer Perle zu entwickeln", wie Wirtschaftsminister Schommer am Rande sagte.
(Sven Siebert)

Karl Nolle im Webseitentest
der Landtagsabgeordneten: