LVZ/DNN, 05.11.2003
Die Ost-SPD auf der Suche nach Hoffnungsträgern
Berlin. "Kein Kommentar", "Dazu fällt mir jetzt auch nichts mehr ein" oder:"Was sollen wir denn machen?" Führende Sozialdemokraten im Bund sind in diesen Tagen erstaunlich mundfaul, wenn sie auf die Perspektiven der Sozialdemokraten in den neuen Ländern angesprochen werden. Ob Sachsen, Thüringen, Sachsen-Anhalt oder Brandenburg - es fehle an herausragenden Persönlichkeiten, es mangele an Zutrauen und, selbstkritisch wird von einem Ober-Genossen ergänzt:"Wir wissen, dass wir auch im Vertrauens-Tief durch die Folgen der Regierungspolitik in Berlin stecken." Anders als in den westdeutschen Bundesländern gebe es in den neuen Ländern sehr viel größeren "Erklärungsbedarf" für Reform-Opfer und die "langfristige Perspektive". Im Ergebnis ist man sich aber in den fraglichen Landesverbänden und der Parteizentrale bei einer Augenblicks-Betrachtung weitgehend einig:Es sehe "düster aus".
Nachdem Leipzigs Oberbürgermeister Wolfgang Tiefensee es abgelehnt hat, der kleinen Sachsen-SPD als Zugpferd für die Landtagswahlen im Herbst 2004 zu dienen, herrscht nicht nur im Freistaat SPD-Alarmstimmung. Ein ostdeutscher CDU-Ministerpräsident spottete bereits, er könnte eventuell im Bundesrat der von Rot-Grün gewünschten vorgezogenen Steuerreform zustimmen, falls die SPDsich im Gegenzug "zum Rückzug der Landespartei von der nächsten Landtagswahl bereit erklärt".
CDU-Landespolitiker wie auch Sozialdemokraten rechnen inzwischen damit, dass es der PDS gelingen dürfte, einen Teil enttäuschter früherer SPD-Wähler für sich zu werben, weil "die PDS wenigstens eine Alternative, wenn auch eine unter dem Namen sozialistische", anbiete. Sobald der SPD-Bundesparteitag Mitte November gelaufen sei, ist SPD-Generalsekretär Olaf Scholz ausersehen, auf Optimismus-Tour durch Thüringen, Sachsen und Brandenburg zu gehen. Drei Länder, drei mal Landtagswahlen und drei Mal gibt es für die SPD nur eine kleine Hoffnung:"Wenn der Aufschwung für die Wirtschaft kommt, kann es für uns einen neuen Vertrauensschub geben" - andernfalls müsse "mit allen Mitteln versucht werden, den Laden zusammen zu halten".
Als kleiner Mutmacher könnte sich, so hoffen einige, der angekündigte Olympia-Gipfel beim Kanzler entwickeln. Sollte es doch noch trotz Schröderscher Termin-Probleme kurz vor Weihnachten zur großen Olympia-Diskussion im Kanzleramt mit allen wichtigen Beteiligten kommen, "ist das ganz sicher ein Signal aus Berlin, das zeigt, der Aufbau Ost ist nach wie vor Chefsache", ließ gestern das Kanzleramt wissen.